Mit Modulbauweisen aus Stahlcontainern lassen sich schnell Unterbringungsmöglichkeiten z.B. für Geflüchtete schaffen. Der Beitrag zeigt auf, welche Bau- bzw. Nachweisverfahren hierfür infrage kommen, wenn Brandschutzanforderungen zu erfüllen sind.
Von Bernd Schmidbaur. Seit 2014 müssen viele Kommunen schnell Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Personen und Wohnungslose schaffen. In München wirken sich zusätzlich die Anstrengungen in der "Schulbauoffensive" aus. Aufgrund des Zeitdrucks wurden und werden u.a. Gebäude in schnell errichteten Stahlcontainerbauweisen geplant und gebaut. In der bayerischen Landeshauptstadt umfasst die "Schulbauoffensive" ca. 55 Stahlcontainergebäude. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen sind es ca. 26 Gebäude dieser Bauweise.
Die Modulbauweise mit Stahlcontainern birgt jedoch eine brandschutztechnische Problemstellung, die auch unter Fachkundigen immer wieder kontrovers diskutiert wird.
Dieser Beitrag befasst sich nur mit der Standsicherheit und dem Raumabschluss im Brandfall. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich nicht auf Bürocontainer- und Bauhandwerker-Wohncontaineranlagen auf Baustellen übertragen. Diese sind Teile von Baustelleneinrichtungen und gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 13 MBO verfahrensfrei.
Stahltragwerke bedürfen hinsichtlich der Einstufung ihrer Feuerwiderstandsfähigkeit besonderer Maßnahmen bzw. Betrachtungen. Diese sollen im Folgenden erläutert werden.
Nach Auskunft des DIBt besitzt kein Hersteller einen Verwendbarkeitsnachweis (abZ) für Stahlcontainermodule, die zum Errichten von Gebäuden verwendet werden können. Wenn tragende und aussteifende Wände und Stützen sowie tragende und raumabschließende Decken mit Stahl errichtet werden und Brandschutzanforderungen erfüllen müssen, kommen folgende Bau- bzw. Nachweisverfahren infrage:
Bekleiden bzw. Beschichten des Stahls
Die schlüssigste Art, ein Stahltragwerk z.B. feuerhemmend auszuführen, ist das Bekleiden oder Beschichten. Ein Stahltragwerk kann z.B. mit bauaufsichtlich zugelassenen Gipskartonplatten vollständig ummantelt werden. Eine ähnliche Lösung stellt die Beschichtung mit im Brandfall aufquellenden und dämmschichtbildenden Beschichtungen dar. Der Markt bietet eine Reihe von für Stahl zugelassenen Brandschutzbeschichtungen an. Geregelt sind all diese Bauweisen bzw. Bauarten mit allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen (abP), allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ), nach DIN 4102-4 [1] sowie nach DIN EN 1993-1-2 (inkl. Nationale Anhänge) [2]; sie entsprechen den bauordnungsrechtlichen Anforderungen.
Ist ein Stahltragwerk entsprechend "eingepackt", bestehen keine Zulassungsschwierigkeiten beim Anschluss weiterer Bauteile an das Tragwerk. So kann eine Decke, die als tragendes und raumabschließendes Bauteil gleichwertig feuerwiderstandsfähig sein muss, ohne wesentliche Abweichungen von den Verwend- bzw. Anwendbarkeitsnachweisen in ein so ummanteltes Stahltragwerk eingebunden werden.
Das Bekleiden oder Beschichten ist bautechnisch aufwendig und kostenintensiv, was den Vorteilen der Modulbauweise – schnelle Verfügbarkeit und kostengünstige Umsetzung – im Wege steht.
Einholung von Zustimmungen im Einzelfall bei den Obersten Baubehörden
Formal besteht die Möglichkeit, raumabschließende Bauteile, z.B. Wände notwendiger Flure und Treppenräume, entgegen ihrer Verwend- bzw. Anwendbarkeitsnachweise an die bloßen Stahlbauteile zu montieren. Das Ergebnis wären allerdings wesentliche Abweichungen von den Verwend- bzw. Anwendbarkeitsnachweisen, für die bei den zuständigen Obersten Baubehörden der jeweiligen Bundesländer Zustimmungen im Einzelfall (ZiE) eingeholt werden müssten. Dieses Verfahren ist aufgrund der behördlichen Prüfvorgänge und der zu erbringenden Leistungen (z.B. Gutachterliche Stellungnahmen, Prüfberichte) sehr langwierig. Zudem erzeugt dieses Verfahren zusätzliche Kosten und es ist letztlich unzuverlässig, da nicht grundsätzlich von einer Zustimmung – in Bezug auf die Stahlcontainerproblematik – ausgegangen werden kann.
Nachweis gemäß Eurocodes auf der Basis nomineller Temperaturzeitkurven
Die Eurocodes DIN EN 1991-1-2 (inkl. Nationale Anhänge) [3] und DIN EN 1993-1-2 (inkl. Nationale Anhänge) [2] sind mit der Liste der Technischen Baubestimmungen (länderbezogen) eingeführt. Damit sind die Nachweisverfahren (Nachweisstufen 1, 2, 3) auf der Basis nomineller Temperaturzeitkurven (z.B. ETK) bauordnungsgemäß. Diese Nachweisverfahren stellen inzwischen den Regelfall dar. In dieser noch jungen Disziplin verfügen aber noch nicht alle Standsicherheitsnachweisberechtigte über ausreichende Erfahrung.
Mit den Eurocodes wird die Tragfähigkeit für eine Feuerwiderstandsdauer nachgewiesen. Dies gilt jedoch nicht für den Raumabschluss, den z.B. Decken darüber hinaus erfüllen müssen. Dieser zusätzlich zu erbringende Nachweis bringt im Stahlbau wiederum gewisse Schwierigkeiten mit sich.
Gelänge z.B. der Standsicherheitsnachweis für ein ungeschütztes Stahltragwerk nach der vorgenannten Methode, lägen dennoch wesentliche Abweichungen von den Verwend- und Anwendbarkeitsnachweisen der raumabschließenden Bauprodukte und Bauarten vor, da diese nicht an ungeschützte Stahlbauteile angebaut werden dürfen.
Daher ist beim Nachweisverfahren mit Eurocodes der Nachweis über den Raumabschluss und die Tragwerksanbindung mit zu beauftragen bzw. mit zu führen. […]
Weiterlesen? Der komplette Beitrag ist als pdf zum kostenlosen Download verfügbar. Der vollständige Artikel beschäftigt sich zusätzlich mit dem Nachweis auf der Basis von Naturbrandmodellen gemäß DIN EN 1991-1-2, der gutachterlichen Stellungnahme einer anerkannten Prüfstelle auf der Basis von Realbrandversuchen, der Installation automatischer Feuerlöschanlagen und Tragwerk ohne Brandschutzanforderungen.
Autor
Dipl.-Ing. (FH) M.Eng. (TU) Bernd Schmidbaur: Tätig als Brandrat bei der Berufsfeuerwehr bzw. Branddirektion München in der Abteilung Einsatzvorbeugung (Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz)
Literatur
[1] DIN 4102-4:2016-05 "Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile"
[2] DIN EN 1993-1-2 "Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall" (inkl. Nationale Anhänge)
[3] DIN EN 1991-1-2 "Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen – Brandeinwirkungen auf Tragwerke" (inkl. Nationale Anhänge)
[4] AGBF Bund/DFV – Empfehlungen zur brandschutztechnischen Bewertung von Unterkünften zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern (2014-2, ergänzt November 2015)
[5] Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen – Merkblatt (vom 17.09.2015) Anforderungen an den Brandschutz bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Containergebäuden ohne nachgewiesenen Feuerwiderstand
Der vollständige Artikel ist in Ausgabe 1.2017 des FeuerTrutz Magazins (Januar 2017) erschienen.
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