Drei Personen mit Warnweste und Baustellenhelmen stehen vor einem Rohbau und lesen einen Plan
Abb. 1: Um einen reibungslosen Ablauf und eine koordinierte Planung der Inbetriebnahme sicherzustellen, sollte eine separate fachliche Schnittstelle eingerichtet werden. (Quelle: Borko Manigoda auf Pixabay)

Planung | Ausführung

11. March 2022 | Teilen auf:

Inbetriebnahmemanagement aus Sicht des Brandschutzes

Baurechtliche Abnahmen und damit verbundene Nutzungsaufnahmen von Gebäuden scheitern sehr oft an schlecht geplanten oder nicht vorhandenen Inbetriebnahmeprozessen. Dabei ist das Inbetriebnahmemanagement ein wichtiger Bestandteil des geschuldeten Werkerfolgs aller am Bau Beteiligten. Der nachfolgende Beitrag soll einen Kurzüberblick zum Inbetriebnahmemanagement geben und dabei die Notwendigkeit aus Sicht des Brandschutzes ableiten.

Sowohl bei Neubaumaßnahmen als auch im Zuge der Revitalisierung von Bestandsgebäuden wird ein immer größer werdender Anteil an Technischer Gebäudeausrüstung (TGA) in Objekte eingebracht. Dies betrifft Komforttechnik (z.B. Smart Buildings), nutzungsspezifische Anlagen (z.B. raumlufttechnische Anlagen), aber auch sicherheitsrelevante Anlagentechnik wie Brandmelde-, Sprinkler- oder Entrauchungsanlagen. Aufgrund der Vielzahl der Technik, die teilweise zusammen spielen soll und in ihren Funktionen aufeinander abgestimmt bzw. angewiesen ist, ist es heute nicht mehr ausreichend, jede technische Anlage für sich zu prüfen und in Betrieb zu nehmen.

Durch eine Brandfallsteuermatrix werden die verschiedenen Abhängigkeiten der technischen Einrichtungen dokumentiert und ihre Funktionen sichergestellt. Durch die Wirk-Prinzip-Prüfung sollen im Rahmen der Abnahme die Umsetzung der Brandfallsteuermatrix und das Zusammenwirken der technischen Anlagen sowie deren einwandfreie Funktion geprüft werden.

Neben der Brandfallsteuermatrix und der sogenannten Wirk-Prinzip-Prüfung sind aber viele weitere Zwischenschritte, z.B. vorbereitende Maßnahmen, Vorprüfungen und hauptsächlich Abstimmungen, zwischen den Gewerken erforderlich, um den Erfolg sicherzustellen. Dabei ergeben sich erfahrungsgemäß Zuständigkeitsproblematiken für die Koordination fachspezifischer Anforderungen, die weit über die normale Koordinationspflicht eines bauleitenden Architekten oder Fachingenieurs hinausgehen können.

Diese Grundproblematik ist bekannt und wurde bereits in Werken des VDI und der AHO-Schriftenreihe dargestellt. Die dort vorgeschlagenen Vorgehensweisen zur Durchführung einer Inbetriebnahme werden in diesem Artikel dargestellt. Die Ausführung ist aus unserer Sicht aber nicht abschließend, weshalb wir hier den speziellen Aspekt des Brandschutzes hervorheben wollen.

Problemstellung

Der klassische, auf sein Fachgebiet fokussierte TGA-Fachplaner, der vom Hochbau geprägte Bauleiter oder der Fachbauleiter Brandschutz mit Hintergrund des baulichen und abwehrenden Brandschutzes wird bei der Gesamtsituation in Gebäuden mit komplexen technischen Einrichtungen stark herausgefordert. Um einen reibungslosen Ablauf und eine koordinierte Planung der Inbetriebnahme sicherzustellen, sollte deshalb eine separate fachliche Schnittstelle, die alle Beteiligten koordiniert, eingerichtet werden. Alternativ muss einer der drei oben genannten am Bau Beteiligten zur Sicherstellung der Inbetriebnahme übergeordnet eingesetzt werden.

Wenn einer der am Bau Beteiligten diese übergeordnete Rolle übernehmen soll, muss er über fachübergreifendes Wissen aus der haustechnischen, organisatorischen, baurechtlichen und der sicherheitstechnischen Sichtweise verfügen. Die Person muss die Gesamtzusammenhänge bewerten und die Inbetriebnahme planen, koordinieren, durchführen und abschließen können. Vor allem zum Abschluss des Projekts ist es wichtig, dass eine vollständige Abarbeitung von aufgetretenen Mängeln erfolgt – unabhängig davon, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Mängel handelt.

Eine mängelfreie Inbetriebnahme und Abnahme stellt die Zielsetzung dar. In diesem Zusammenhang wird häufig eine umfassende und lückenlose Dokumentation mit allgemein verständlichen Erläuterungstexten vergessen. Diese Erläuterungen haben den Zweck, sowohl die einzelnen Anlagenteile als auch die Abhängigkeiten, Schnittstellen und Anforderungen zu erklären und zu dokumentieren. Sie müssen in einer einheitlichen Form und Sprache abgefasst werden, die für alle weiteren, am Lebenszyklus des Gebäudes beteiligten Fachleute leicht zu lesen und vor allem verständlich ist.

Dadurch wird Fach- und Hintergrundwissen für die Zukunft bewahrt: für den weiteren Lebenszyklus des Gebäudes sowohl bei Softwareupdates oder der Erneuerung einzelner Anlagenteile als auch für sich wiederholende sicherheitstechnische Prüfungen und Abstimmungen. Dieser Part wird noch immer vernachlässigt und sollte stärker verfolgt werden. Bei sicherheitstechnisch aufwendigen Gebäuden ist es daher empfehlenswert, einen Inbetriebnehmer als Schnittstelle für alle am Bau Beteiligten zu platzieren.

Wo ist das Inbetriebnahmemanagement geregelt?

Es gibt derzeit zwei Quellen, die das Inbetriebnahmemanagement regeln und beschreiben. Dies ist zum einen die VDI Richtlinie 6039, die die Methoden der Vorgehensweise angibt, und zum anderen die AHO-Schriftenreihe Nr. 39, die die Leistungen und die entsprechende Honorierung für das Inbetriebnahmemanagement beschreibt.

Abb. 2: Bild 4 aus der VDI 6039 – Beispielhafte Darstellung der gewerkeübergreifenden Funktionen: zeitliche Einordnung des Inbetriebnahmemanagements (Quelle: VDI 6039 - Juni 2011: Facility-Management Inbetriebnahmemanagement für Gebäude Methoden und Vorgehensweisen für gebäudetechnische Anlagen, Bild 4)

VDI-Richtlinie 6039

Die VDI-Richtlinie 6039 behandelt das Inbetriebnahmemanagement für Gebäude und stellt Methoden und Vorgehensweisen für gebäudetechnische Anlagen vor. Sie beschreibt, ab wann und mit welchen Prozessen Inbetriebnahme, Abnahme, Mängelabwicklung, Einregulierung und Betriebsoptimierung durchgeführt werden können. Dabei beschränkt sich die Richtlinie vornehmlich auf die Kostengruppen 400 (Technische Anlagen) und 500 (Außenanlagen) nach DIN 276. Somit konzentriert sich die VDI 6039 stark auf die Technische Gebäudeausrüstungund spricht nur in Einzelfällen auch das Bauwerk und die Baukonstruktion (Kostengruppe 300) an.

Die VDI 6039 unterscheidet beim Inbetriebnahmemanagement folgende Methoden:

  • Grundlagenermittlung
  • Planung
  • Durchführung
  • Abschluss

Im Schaubild Nr. 4 aus der VDI-Richtlinie 6039 (siehe Abb. 2) wird der Prozess des Inbetriebnahmemanagements über die einzelnen Leistungsphasen der HOAI gelegt. Dabei wird beispielhaft dargestellt, in welcher Planungsphase der HOAI welche Schritte des Inbetriebnahmemanagements durchzuführen sind. Es ist klar erkennbar, dass das Inbetriebnahmemanagement nicht erst zum Abschluss der Objektüberwachung beginnt, sondern schon sehr viel früher involviert sein muss. Nur dann kann sichergestellt werden, dass alle Schnittstellen für eine gewerkeübergreifende Planung Berücksichtigung finden.

Weiter geht die VDI 6039 auf gewerkeweise Inbetriebnahmen und Abnahmen sowie übergreifende Funktionenein. Dafür stellt die VDI 6039 Werkzeuge in Form von Checklisten zur Dokumentation und Abnahmeprotokolle zur Verfügung.

AHO-Schrift Nr. 39

Von den AHO-Fachkommissionen „Baulogistik“, „Technische Ausrüstung“ und „Wasserwirtschaft“ wurde die Schrift Nr. 39 „Leistungen für Inbetriebnahmen – Übergreifendes Leistungsbild für die Inbetriebnahme von Objekten“ erarbeitet. Das Leistungsbild der AHO-Schrift Nr. 39 spricht von vier Leistungsstufen und zusätzlichen Leistungen.

Es wird unterschieden in:

  • Leistungsstufe 1 – Grundlagen
  • Leistungsstufe 2 – Planung
  • Leistungsstufe 3 – Durchführung
  • Leistungsstufe 4 - Abschluss und
  • zusätzliche Leistungen, die zu den Leistungen hinzutreten und nicht anderen Leistungsbildern zugeordnet sind-

Gut zu erkennen ist, dass die AHO-Schrift Nr. 39 sich hinsichtlich der Leistungsstufen nicht von der VDI 6039 unterscheidet. Die AHO-Schrift Nr. 39 kann daher als Ergänzung zur VDI 6039 gesehen werden, wonach keine Differenzierung von Gewerken bzw. Kostengruppen vorgenommen und zudem ein Vorschlag zur Honorierung der Leistungen gemacht wird.

Abb. 3: Bild 2 aus der VDI 6010 – Beispielhafte Darstellung von gewerkeübergreifenden Funktionen im Rahmen eines Inbetriebnahmemanagements (IBM) nach VDI 6039 (Quelle: Quelle VDI 6010 Blatt 3 – Januar 2015: Sicherheitstechnische Einrichtungen für Gebäude - Vollprobetest und Wirkprinzipprüfung)

Inbetriebnahmemanagement aus Sicht des Brandschutzsachverständigen

Aus Sicht des Brandschutzsachverständigen zeigt die tägliche Praxis, dass ein Inbetriebnahmemanagement schon allein aufgrund von komplexen Brandschutzkonzeptionen erforderlich werden kann. Dabei stellt der Brandschutz nur einen Teil des gesamten Inbetriebnahmemanagements dar. Die vollständige Inbetriebnahme aller technischen Anlagen und damit einhergehend die mängelfreie Übergabe an den Nutzer sind die rechtliche Vorgabe an alle am Bau Beteiligten, die den Erfolg der Sache schulden. In den meisten Fällen stehen aber die baurechtliche Abnahme und die Freigabe der Nutzungsaufnahme durch die Genehmigungsbehörde im Fokus. Ein Bestandteil der baurechtlichen Abnahme ist die Umsetzung der baurechtlichen Auflagen aus der Baugenehmigung und dem Brandschutzkonzept. Um diese Ziele zu erreichen, wird es allein des Brandschutzes wegen (abhängig vom Komplexitätsgrad des Bauwerks) erforderlich, ein Inbetriebnahmemanagement zu implementieren.

Der in der VDI 6039 und der AHO-Schrift Nr. 39 dargestellte Prozess, ergänzt mit dem Vollprobetest und der Wirk-Prinzip-Prüfung nach VDI 6010 Blatt 3, kann gleichermaßen auf den Brandschutz übertragen und angewandt werden (siehe Abb. 3). Nachfolgend soll aus Sicht eines Brandschutzsachverständigen dargestellt werden, bei welchem Komplexitätsgrad an Gebäuden hinsichtlich des Brandschutzes der Einsatz eines Inbetriebnahmemanagements erforderlich wird und wer diese fachliche Schnittstelle in Persona einnehmen kann. Dazu werden Praxisbeispiele in drei Gebäudearten mit unterschiedlicher Komplexität kategorisiert und bewertet.

Abb. 4: Beispielhafte Darstellung, wer als Inbetriebnehmer je nach Komplexitätsgrad eingesetzt werden kann. (Quelle: Kludt)

Einstufung von Gebäudearten nach Komplexität

Aus Sicht der Ralf Kludt Dipl.-Ing. (FH) Ingenieurgesellschaft können Gebäude, die über allgemeine technische Ausrüstungen sowie über baurechtlich geforderte sicherheitsrelevante Ausrüstungen verfügen, in drei Kategorien eingeteilt werden. Diese drei Kategorien erfordern eine unterschiedliche Tiefe der Betrachtung und Einstufung hinsichtlich dessen, ob und welches Inbetriebnahmemanagement sinnvoll ist (siehe Abb. 4).

Einfache Gebäude mit standardisierten technischen Anlagen und Sicherheitstechnik ohne Verknüpfungen.

Dabei handelt es sich um Gebäude mit allgemeinen technischen Anlagen wie z.B. raumlufttechnischen Anlagen oder sicherheitstechnischen Anlagen wie einer Brandmeldeanlage. Die Brandmeldeanlage muss keine oder wenige technische Anlagen ansteuern. Die sicherheitstechnischen Anlagen werden für sich separat geregelt.

Beispielgebäude: Als Beispiel kann ein Industriebau, z.B. eine erdgeschossige Halle mit Lüftungsanlage und Elektroeinrichtungen, herangezogen werden. Sicherheitstechnisch verfügen diese Bauten abhängig von ihrer Größe z.B. über Rauch- und Wärmeabzug (RWA) und Brandmeldeanlage (BMA). All diese sicherheitstechnischen Anlagen können autark betrieben werden und sind weitgehend unabhängig von der allgemeinen Anlagentechnik. Wenn überhaupt, sind nur einzelne Verknüpfungen wie die Abschaltung der Lüftungsanlage durch die BMA erforderlich.

Wertung: Dann ist im Normalfall mit der Bauleitung nach HOAI die Inbetriebnahme bei einem starken Team von am Bau Beteiligten problemlos lösbar und erfordert keinen zusätzlichen Einsatz eines Inbetriebnehmers, da jede Anlage für sich einzeln abgenommen werden kann. Für solche Gebäude ist somit eine Einzelabnahme der Anlagentechnik durch die entsprechenden Gewerke bzw. Fachingenieure und die Bauleitung ausreichend. Wenn verschiedene Anlagenteile einzelne Abhängigkeiten zueinander besitzen, sind diese so einfach zu regeln, dass durch eine Wirk-Prinzip-Prüfung zum Abschluss die Funktionsweise sichergestellt werden kann.

Mittlere Gebäude mit aufwendigeren anlagentechnischen Lösungen (z.B. Smart Buildings) und konservativer Sicherheitstechnik, die noch über einfache Matrizen geregelt werden (keine unterschiedlichen Reaktionen auf unterschiedliche Brandszenarien).

Bei diesen Gebäuden wird die brandschutztechnische Konzeption vornehmlich sowohl mit dem baulichen als auch mit dem anlagentechnischen Brandschutz geregelt. Der anlagentechnische Brandschutz basiert aber auf einem festen Szenario und variiert nicht aufgrund verschiedener Brandfallszenarien. Es reichen einfache Brandfallsteuerungen und eine entsprechende Brandfallsteuermatrix aus. Die Sicherheitstechnik geht somit von einem einheitlichen Brandfallszenario aus. Unabhängig davon, wo dieses Szenario standortbezogen im Gebäude auftritt, werden weitestgehend dasselbe Szenario und die damit verbundenen Auslösungen aktiviert (einzeln differenzierte Abweichungen je nach Auslöseort des Melders sind möglich, aber einfach zu erläutern und von ihrer Funktion her verständlich).

Beispielgebäude: So kann das Gebäude einer Versammlungsstätte mit einer Brandmeldeanlage, Brandfallsteuerung des Aufzugs und RWA-Anlagen aufgeführt werden. Bei dieser Versammlungsstätte könnten unterschiedliche Auslösebereiche festgelegt werden, die zu unterschiedlichen Reaktionen der angebundenen Anlagentechnik wie der Brandfallsteuerung des Aufzugs führen. Als Beispiel sei eine RWA-Anlage in Verbindung mit einer Verdunkelungsanlage betrachtet. Wenn zur Ansteuerung der RWA-Öffnungen eine Verdunkelungsanlage geöffnet werden muss, ist diese Schnittstelle zwischen den einzelnen Gewerken bereits in der Planungsphase zu klären und zu planen. Die Antriebe der Verdunkelungsanlage, die RWA-Anlage, der erforderliche Funktionserhalt sowie die gegenseitige Kompatibilität der Leistungserklärungen müssen vor der Errichtung geprüft und zusammengeführt werden. Nach der Errichtung müssen entsprechende Funktionstests durchgeführt werden. Diese Szenarien werden in einer verständlichen Brandfallsteuermatrix, bestehend aus einer Tabelle und einem Erläuterungstext, beschrieben. Bei den Verknüpfungen handelt es sich um im Alltag wiederkehrende Lösungen, die Stand der Technik sind und sich im alltäglichen Berufsleben wiederholen. Je mehr solche standardisierter Abhängigkeiten über die Brandmeldeanlage gesteuert werden, desto komplexer werden neben der Brandfallsteuermatrix auch die Anforderungen an den Inbetriebnehmer.

Wertung: Vorliegend ist es nicht mehr ausreichend, dass jede einzelne Anlage für sich abgenommen wird. Von Beginn an muss eine abgestimmte Planung erfolgen, um den Erfolg einer funktionierenden Anlagentechnik zum Tag der Inbetriebnahme sicherzustellen. In diesem Fall wird ein Inbetriebnehmer sinnvoll und erforderlich. Da sich die Komplexität jedoch in einem überschaubaren Ausmaß bewegt, kann die Inbetriebnahme von einer guten technischen Bauleitung in Zusammenarbeit mit der Fachbauleitung Brandschutz überbenommen werden. Die Aufgabenfelder des Inbetriebnehmers sind im AHO-Heft Nr. 17 oder der VDI 6039 sehr gut beschrieben. In diesem Szenario ist es nicht unbedingt erforderlich, dass der Brandschutzingenieur die Koordinationsstelle einnimmt. Wichtig ist nur, dass überhaupt jemand die Position innehat. Formaljuristisch schulden alle am Bau Beteiligten im Rahmen ihres Werkvertrags den Erfolg. Zu diesem Erfolg gehört die Notwendigkeit, dass einer der Beteiligten die Koordination übernimmt und das Projekt zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht wird. Aus Sicht der Autoren müssen zusammenfassend folgende Grundvoraussetzungen vorliegen:

  • Ein Inbetriebnehmer gemäß den Vorschlägen der VDI 6039, der AHO-Schrift Nr. 39 sowie eine Fachbauleitung Brandschutz sind erforderlich. Diese besitzen detaillierte Kenntnisse von sicherheitstechnischen Anlagen.
  • Frühzeitige Einbindung des Fachplaners Brandschutz zur Erstellung einer Brandfallsteuermatrix und zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der sicherheitstechnischen Komponenten
  • Begleitung der Leistungsphase 8 und Unterstützung des Inbetriebnehmers durch die Fachbauleitung Brandschutz

Komplexe Gebäude mit einem hohen Anteil an technischen und sicherheitstechnischen Anlagen. Diese Anlagen sind miteinander verknüpft und reagieren mit individuellen Maßnahmen auf unterschiedliche Brandszenarien. Bei diesem Gebäudetyp sind sowohl anlagentechnisch als auch sicherheitstechnisch komplexe Anlagen erforderlich, bei denen mit schutzzielorientierten Brandschutzkonzepten und aufwendigen Brandfallsteuermatrizen verschiedenste Szenarien abgefahren werden. Dazu werden keine Standardkonzepte oder -lösungen umgesetzt, sondern es findet ein individuell an das Gebäude und die Nutzung angepasster Ansatz zur Erreichung des Schutzziels statt.

In dieser Situation ist zur Umsetzung einer erfolgreichen Inbetriebnahme eine erweiterte Fachkenntnis zur Brandschutzkonzeption und den sicherheitstechnischen Anlagen erforderlich. Die Problematik besteht darin, dass neben dem Wissen zur Anlagentechnik intensives Fachwissen aus dem Brandschutz und ein Verständnis des Brandschutzkonzepts mit seinen Szenarien benötigt werden.

Beispielgebäude: In diesem Fall steuert die Brandmeldeanlage nicht nur einzelne standardisierte Szenarien an, sondern abhängig vom Ort der Branddetektion werden unterschiedliche, in sich selbst komplexe Szenarien abgefahren, die zu einer aufwendigen Steuerung von Gebäude- und Sicherheitstechnik führen. Ein solches Szenario kann eine einfache Ansteuerung sein (wie die Öffnung von Verdunkelungsanlagen vor Öffnung der RWA), die aber auch verbunden sein kann mit einem Zuluftszenario (mit automatischem Öffnen und Schließen von Tür- und Fensteranlagen). Ebenfalls sind vollkommen komplexe Ansteuerungen unterschiedlicher Brandfallszenarien in Verbindung mit Hygienemaßnahmen, der normalen Lüftungsanlage oder der Hygieneschleuse in einem Krankenhaus (z.B. OP-Bereich) möglich.

Wertung: Aus diesem Grund muss bei hochkomplexen Gebäuden mit Brandschutzkonzeption – die mit unterschiedlichen Brandszenarien und einer ineinandergreifenden Brandfallsteuermatrix arbeitet – ein Inbetriebnehmer mit brandschutztechnischem Hintergrundwissen eingesetzt werden. Es ist zu empfehlen, dass diese Aufgabe von einen Brandschutzingenieur übernommen wird oder dieser zumindest eine führende Position neben dem eigentlichen Inbetriebnehmer einnimmt.

Es ist nicht zwingend erforderlich, dass der Ersteller des Brandschutzkonzepts diese Aufgabe erhält. Es muss aber eine fachlich versierte Person sein, die die Komplexität des Brandschutzkonzepts erfassen kann und genügend Fachwissen im Brandschutz und im Bereich der sicherheitstechnischen Anlagentechnik besitzt, damit in Abstimmung mit den anderen Fachbereichen der geschuldete Erfolg gewährleistet werden kann. Die Umsetzung dieses Konzepts ist entsprechend zu dokumentieren, um eine Wiederholbarkeit der Inbetriebnahme z.B. bei einem Software-Update sicherzustellen. Die gewählte Person muss alle am Bau Beteiligten proaktiv unterstützen und dabei eine exponierte Stellung im Team einnehmen. Sie hält die Fäden in der Hand und führt mit Fachkenntnis und Organisationstalent durch den Inbetriebnahmeprozess. Aus Sicht der Autoren müssen zusammenfassend auch dafür folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

  • Für Gebäude dieser Nutzung ist ein spezialisierter Inbetriebnehmer als Schnittstelle einzubinden.
  • Ohne diesen Inbetriebnehmer ist bei derart komplexen Gebäuden bereits im Vorfeld von einem mangelbehafteten Inbetriebnahmeprozess auszugehen.
  • Der Inbetriebnehmer muss nicht der Brandschutzkonzeptersteller oder der Fachbauleiter Brandschutz sein. Er muss aber das Verständnis für komplexe Brandschutzkonzeptionen mitbringen und sich auch im anlagentechnischen Brandschutz auskennen, um die Zusammenhänge zu verstehen.

Fazit

Im Zuge von immer komplexeren Brandschutz- und Anlagenkonzepten ist auch das Inbetriebnahmemanagement ein wichtiger Baustein zur Sicherstellung eines funktionierenden Gebäudes. Dies gilt im Bereich sowohl der Komfort- als auch der Sicherheitstechnik.

Es ist davon auszugehen, dass sich einige Ingenieurbüros auf das Inbetriebnahmemanagement spezialisieren werden. Gerade Ingenieurbüros, die die technische, bauliche und brandschutztechnische Sicht abdecken, können das Inbetriebnahmemanagement koordinieren und diese Gesamtaufgabe übernehmen. Es wird aber in den meisten Gebäuden eine Herausforderung werden, dass der Fachplaner Technische Gebäudeausrüstung und die Fachbauleitung Brandschutz sich so koordinieren, dass der Erfolg sichergestellt ist und beide Einblick in das jeweilige Gewerk erhalten. Bei immer komplexeren Gebäuden kann eine normale Bauleitung oder Fachbauleitung dies nicht mehr leisten. Die Lücke kann mit dem Einsatz eines Inbetriebnehmers geschlossen werden.

Quellen

[1] VDI 6039 Blatt 1 Inbetriebnahmemanagement für Gebäude

[2] AHO Schrift Nr. 39 „Leistungen für Inbetriebnahmen – Übergreifendes Leistungsbild für die Inbetriebnahme von Objekten“

Der Artikel ist in Ausgabe 5.2021 des FeuerTrutz Magazins (Oktober 2021) erschienen.Noch kein Abonnent? Testen Sie das FeuerTrutz Magazin im Mini-Abo mit 2 Ausgaben!

zuletzt editiert am 21.04.2022