Leistungserklärungen für Bauprodukte sind eine der wesentlichen Neuerungen der EU-Bauproduktenverordnung (BauPVO). In einer Entscheidung vom 6. Mai 2014 hat das Landgericht Limburg die Herstellerpflichten in zwei wichtigen Punkten präzisiert. Diese Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt aufgehoben. Das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz hat sich in einem Beitrag mit dieser Entscheidung befasst.
Ein Jahr nach dem Inkrafttreten der europäischen BauPVO haben Hersteller Leistungserklärungen auch als Mittel im Wettbewerb erkannt: Während einzelne Hersteller versucht sind, die europäischen Leistungsangaben mit „innovativen“ Zusätzen zu versehen, vermarkten andere ihre europäisch harmonisierten Produkte ohne jede Leistungserklärung und CE-Kennzeichen.
Mit dem zuletzt genannten Fall hat sich das Landgericht (LG) Limburg a. d. Lahn in einem Urteil vom 6. Mai 2014 befasst (Az. 5 O 6/14). Konkret ging es um die Frage, ob ein Unternehmen eine Entrauchungsklappe, die bereits im Jahr 1999 erstmals allgemein bauaufsichtlich zugelassen wurde, mit dem Ablauf der Koexistenzperiode der europäisch harmonisierten EN 12101-8 (Rauch- und Wärmefreihaltung – Teil 8: Entrauchungsklappen) weiterhin ohne CE-Kennzeichnung und Leistungserklärung vertreiben darf. Mit seinem Urteil wies das LG Limburg den Antrag eines Wettbewerbers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung dieses Verhaltens zurück.
Hierbei machte es zwei Aussagen zur Auslegung der neuen BauPVO: Das Gericht bestätigte zunächst, dass es sich bei den Regelungen der BauPVO zur CE-Kennzeichnung und Leistungserklärung um so genannte Marktverhaltensregelungen im Sinne des Wettbewerbsrechts handelt. Dies bedeutet, dass Unternehmen von Wettbewerbern die Einhaltung der Art. 4 und 8 BauPVO nach Maßgabe des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verlangen können.
In der Sache entschied das Landgericht allerdings, dass der Hersteller nicht verpflichtet gewesen sei, seine Entrauchungsklappe als harmonisiertes Bauprodukt mit CE-Kennzeichen und Leistungserklärung zu vertreiben. Da die Produktart bereits seit 1999 auf dem Markt angeboten wurde und es zu diesem Zeitpunkt noch keine einschlägige europäisch harmonisierte Produktnorm gab, fehle es am Merkmal des „Inverkehrbringens“, das als „die erstmalige Bereitstellung eines Bauprodukts auf dem Markt der Union“ definiert ist (Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Nr. 17 BauPVO). Die Pflichten seien nur anwendbar, wenn sie zum Zeitpunkt der „erstmaligen Marktpräsentation“ eines Produkttyps gelten.
Für später vertriebene Produkte desselben Produkttyps fänden sie keine Anwendung. Diese Auffassung trifft nicht zu: Entgegen der Auffassung des Gerichts kommt es für die Frage des „Inverkehrbringens“ nicht auf die „erstmalige Marktpräsentation“ einer Produktart bzw. -gattung, sondern auf das konkrete (einzelne) Produkt an. Entscheidend ist die „erstmalige Bereitstellung eines Bauprodukts auf dem Markt der Union“, wobei mit dem Begriff „Bauprodukt“ nach Art. 2 Nr. 1 BauPVO ein konkretes Produkt gemeint ist. Im Gegensatz hierzu werden Gattungen z. B. als „Familie von Bauprodukten“ (Art. 3 Abs. 3 BauPVO) adressiert oder anhand von Leistungen als „Produkttyp“ (vgl. Art. 2 Nr. 9 BauPVO) definiert.
Daher ist für jedes einzelne vom Hersteller überlassene Produkt, das nach dem Ablauf der Koexistenzperiode von einer harmonisierten Norm erfasst ist, grundsätzlich eine Leistungserklärung mit CE-Kennzeichnung erforderlich. Dies ergibt sich auch aus Art. 66 Abs. 2 BauPVO. Diese Übergangsregelung würde keinen Sinn machen, wenn die Pflicht nach Art. 7 BauPVO nur für neu präsentierte Produkttypen gelten würde.
Deutsches Institut für vorbeugenden Brandschutz e.V. (DIvB)
www.divb.org
Anmerkung der Redaktion :
Das Oberlandesgericht Frankfurt (6 U 99/14) hat das Limburger Urteil aufgehoben und klargestellt, dass Produkte (hier Entrauchungsklappen), die in den Anwendungsbereich einer harmonisierten europäischen Norm (hEN) hier (EN 12101-8) fallen, nach Ablauf der Koexistenzperiode nur dann in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn eine Leistungserklärung erstellt wurde und die Produkte eine CE-Kennzeichnung tragen.
Das OLG Frankfurt hatte bereits zu Zeiten der Bauproduktenrichtlinie entschieden (6 U 203/09), dass eine fehlende CE Kennzeichnung, sodass sie denn geboten ist, wettbewerbswidrig ist, da man gegen gesetzliche Vorgaben verstößt. In einer Entscheidung zur Bauproduktenverordnung (6 U 257/13) aus dem Frühjahr 2014 wurde einem Hersteller der alle Prüfungen bestanden hatte und dessen Zertifikat zur Leistungsbeständigkeit (als Voraussetzung zur Erstellung der Leistungserklärung) bereits in der Post war untersagt mit dem CE Zeichen zu werben, da er rein formal noch keine Leistungserklärung erstellt hatte.
In der aktuellen Entscheidung wurde durch das OLG der Begriff des Inverkehrbringens definiert. Die Frankfurter Richter entschieden wenig verwunderlich, dass Verkauf und Lieferung eines Produktes im Anwendungsbereich einer hEN von einem Hersteller an einen Händler ein Inverkehrbringen (vergl. Art. 2 Nr. 17 i.V.m. Art. 2 Nr. 16 BauPVO), mithin die erstmalige Bereitstellung des individuellen Produktes auf dem Markt der europäischen Union ist. Entgegen der recht schlichten Begründung der ersten Instanz aus Limburg hielt man sich seitens des OLG Frankfurt einfach an den Verordnungstext.
Das FeuerTRUTZ Magazin enthält in Ausgabe 6.2014 einen ausführlichen Beitrag von Rechtsanwalt Götz Winter zur Aufhebung des Limburger Urteils.