Die Blockhelden Erlangen GmbH errichtete in Bubenreuth nahe Erlangen das bisher größte in Deutschland gebaute offene Holzgebäude mit planmäßiger Personennutzung. Dafür wurden rund 10 Mio. Euro in eine Holzhalle mit ca. 5.500 m² Bewegungs- und ca. 2.200 m² Boulderfläche investiert. Die Boulderbereiche erstrecken sich über sieben Ebenen. Daneben beherbergt die Halle Bereiche für das Kinderbouldern, Yoga, Physiotherapie, Fitness und ein Café sowie einen Shop.
Die zwei fast 15 m hohen Sechsecke, sog. Hexagone, die ineinandergreifen, und deren Geschossdecken mit unterschiedlich geöffneten Anordnungen innerhalb der einzelnen Ebenen bilden eine insgesamt offene Halle.

Aufgrund der obersten Aufenthaltsraumhöhe von 9,90 m gegenüber der Geländeoberfläche sowie Nutzungseinheiten von größer als 400 m² ergibt sich für das Gesamtgebäude eine Einstufung in die Gebäudeklasse 5. Des Weiteren handelt es sich bei der Boulderhalle aufgrund der Grundfläche sowie der Personennutzung um einen Sonderbau gemäß Art. 2 der Bayerischen Bauordnung. Eine Einstufung und Anwendung der Versammlungsstättenverordnung erfolgte für das Gebäude jedoch nicht.
In den Boulderbereichen ergeben sich zwar zusammenhängende Flächen/Bereiche mit einer nutzbaren Fläche von mehr als 200 m² und somit Platz für mehr als 200 Sportler. Jedoch handelt es sich bei den Nutzern der Boulderhalle nicht um Besucher (gemäß Definition der Versammlungsstättenverordnung). Vielmehr gehen dort Personen einer freizeitsportlichen und individuellen Aktivität nach. Damit unterscheiden sich die Nutzer der Boulderhalle grundlegend von Besuchern einer Versammlungsstätte, die sich grundsätzlich nur passiv verhalten und somit nicht zu den Akteuren gehören.

Die Nutzer der zu beurteilenden Boulderhalle sind demgegenüber ausschließlich aktiv und damit als Akteure zu bezeichnen und nicht als Besucher. Lediglich für den Bereich der Gastronomie sind Besucher zu erwarten, die nicht aktiv tätig und somit im passiven Sinne als Besucher zu werten sind.
In der Boulderhalle wird mit einem durchschnittlichen Aufkommen von 500 Sportlern pro Tag gerechnet; zu Stoßzeiten werden gleichzeitig bis zu 300 Sportlern erwartet. Dem gegenüberzustellen sind bis zu 15 Mitarbeiter. Die Büro- und Verwaltungsräume in den einzelnen Ebenen sind für ca. 45 Personen ausgelegt.
Bautafel
- Bauherr: Blockhelden Erlangen GmbH
- Ausführung (Planung, Betonbau, Holzbau): Rudolf Hörmann GmbH & Co. KG
- Prüfsachverständiger für Brandschutz: Dipl.-Ing. Matthias Dietrich (Rassek + Partner Brandschutzingenieure)
- Gebäudehöhe: 14,5 m
- Nutzfläche ca. 5.500 m²
- Grundfläche: ca. 2.200 m²
- Bauzeit: November 2020 bis Februar 2022
Das Tragwerk und die Abschottungsmaßnahmen
Der Bauherr hatte sehr konkrete Vorstellungen, wie die Boulderhalle aussehen sollte: Das Gebäude sollte unbedingt in Holzbauweise errichtet werden. Ferner sollte eine überwiegend offene Halle mit Boulderbereichen entstehen.

Aus Sicht der Planungsbeteiligten kam man sehr schnell zu dem Ergebnis, dass als wirtschaftlichste Lösung nur ein Tragwerk und Decken in der Feuerwiderstandsklasse F60-B infrage kamen. Zudem sollte das konzipierte Gesamtgebäude mit einer Grundfläche von ca. 2.200 m² und einer maximalen Abmessung von ca. 49 mal 69 m einen zusammenhängenden Brandabschnitt ohne die Ausbildung von inneren Brandwänden bilden. Somit war klar, dass sich hinsichtlich des Tragwerks, der Geschossdecken mit der offenen Luftverbindung über mehrere Ebenen im Boulderbereich sowie der Brandabschnittsbildung eine formale Abweichung gegenüber den bauordnungsrechtlichen Vorgaben ergab.

Zum Nachweis darüber, dass die Abweichungen zugelassen werden konnten, war demnach sicherzustellen und abschließend nachzuweisen, dass keine brandschutztechnischen Bedenken bestanden. In diesem Zuge war zu begründen, dass insbesondere der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt werden und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sein würden.
Dazu wurde das Gesamtgebäude mit einer flächendeckenden Brandmeldeanlage mit Aufschaltung auf die Meldestelle der Feuerwehr sowie einer internen Alarmierung der anwesenden Personen ausgestattet. Zudem wurde in den Boulder- und Gastronomiebereichen eine maschinelle Entrauchungsanlage vorgesehen, die bei Auslösung der Brandmeldeanlage selbsttätig in Betrieb genommen wird.

Ein weiteres Highlight der Boulderhalle ist die Holzaußenfassade, die in einem Winkel von 77 Grad angeordnet wurde. Dort wurde eine Fläche von ca. 3.480 m² mit überdimensionalen Fassadenteilen geschlossen. Die Fassadenelemente, die bei der Firma Rudolf Hörmann GmbH & Co. KG im Werk in Buchloe fertiggestellt wurden, messen 4,20 m in der Breite und rund 15 m in der Diagonalen. Für den Transport wurden sie aufgrund ihrer Dimensionen geteilt und vor Ort wieder zusammengefügt. Auf der Baustelle erfolgte dann eine Montage mithilfe von zwei Kränen mit einer eigens dafür gefertigten Stahlkonsole.
Entrauchung der Boulderbereiche und der Gastronomie auf der Grundlage der Brandsimulation
Da es sich bei den Boulderbereichen sowie der angeschlossenen Gastronomie um Aufenthaltsbereiche mit einer Fläche von mehr als 200 m² handelt, sind für sie Maßnahmen zur Entrauchung bzw. Rauchableitung vorzusehen.
Aufgrund des offenen Luftverbundes über mehrere Ebenen mit versetzter Anordnung der Ebenen mit Boulderwänden wurde eine wirksame Rauchabzugsanlage erforderlich, die sicherstellt, dass im Brandfall durch die Feuerwehr wirksame Löscharbeiten durchgeführt werden können. Die Nachweisführung einer raucharmen Schicht von mindestens 2,50 m wurde aufgrund der unabhängigen und konformen Fluchtwegführung (max. 35 m bis zu einem sicheren Bereich) für die einzelnen Ebenen nicht erforderlich.
Die Planung orientierte sich zunächst an der Anordnung und Verteilung der maschinellen Entrauchung nach den Vorgaben des aktuellen Bauordnungsrechts für Sonderbauten, wonach ein Brandgasventilator pro 400 m² als einzelne Ansaugstelle anzuordnen ist. Mit einer Grundfläche von ca. 2.200 m² im EG sowie einer zusammenhängenden Nutzfläche von weniger als 1.600 m² ergaben sich vier Ansaugstellen. Demzufolge sah die Vorplanung eine Anordnung von vier maschinellen Rauchabzugsanlagen auf der Dachfläche und Zuluftöffnungen in Form von Türen und einer großen Fensterfassade mit Lamellenfenstern vor. Die Brandgasventilatoren sowie die Zuluftflächen werden im Brandfall über die Brandmeldeanlage automatisch und selbsttätig angesteuert.
Im Rahmen einer Vordimensionierung über eine Zwei-Zonen-Modellierung ergaben sich die ersten Dimensionierungsvorgaben für die Durchführung einer konkreten softwaregestützen Simulation. Zur Modellierung der Szenarien sowie der Gebäudestruktur kam die verifizierte Software PyroSim der SIMTEGO GmbH zu Anwendung. Die anschließende Simulation erfolgte mit einem CFD-Modell unter Zuhilfenahme der Software FDS. Obwohl bauordnungsrechtlich die Nachweisführung mittels Brandschutzmethoden legimitiert ist, werden diese in der Praxis durch die Genehmigungsinstanzen teilweise abgelehnt oder kritisch gesehen. Gründe dafür sind die Komplexität und die seitens der Genehmigungsbehörden nicht mögliche Prüfung der Ergebnisse auf Richtigkeit.
Daher konnten in enger Abstimmung mit dem beauftragten Prüfsachverständigen für Brandschutz die Brandszenarien sowie die Bemessungsbrände festgelegt werden. [...]
Weiterlesen? Der vollständige Artikel ist in Ausgabe 1.2023 des FeuerTrutz Magazins (Februar 2023) erschienen. Er erläutert zusätzlich die Durchführung der Simulation für die Entrauchung der Boulderbereiche und der Gastronomie. Der Autor geht außerdem auf die Fluchtwegführung sowie Maßnahmen zum abwehrenden Brandschutz ein und zieht ein Fazit zum Projekt.
Quellen
- Bayrische Bauordnung (BayBO) gemäß Bekanntmachung der Neufassung der Bayrischen Bauordnung vom 14.08.2007
- Muster-Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr (Februar 2007)
- Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise (Fassung Oktober 2020)
- Grewolls, Kathrin und Gerald: Praxiswissen Brandschutz – Simulationen – Schneller Einstieg und kompaktes Wissen, Auflage 2012, Feuertrutz GmbH Verlag für Brandschutzpublikationen, Köln
- vfdb-Leitfaden – Ingenieurmethoden des Brandschutzes, 3. Auflage, November 2013, vfdb, Altenberge