Ein Nachbar klagt gegen eine Baugenehmigung, weil darin auf eine innere Brandwand verzichtet wurde und er dadurch eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften sieht. Das Gericht stellte klar, dass die Vorschrift über innere Brandwände nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO keinen Nachbarschutz bezweckt.
Leitsatz
Die Vorschrift über die Errichtung einer inneren Brandwand nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO dient nicht dem Nachbarschutz.
Der Sachverhalt
Der Kläger wendete sich gegen eine dem Beigeladenen als Bauherrn erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer Fertigungs- und Lagerhalle. Die genehmigte Halle war durch einen Verbindungsbau mit dem bestehenden Betriebsgebäude einer Leichtmetallgießerei verbunden. Der Kläger ist Eigentümer der mit einem Wohnhaus bebauten Nachbargrundstücke.
Die beklagte Bauaufsicht erteilte dem Bauherrn eine Baugenehmigung mit der Abweichung von dem Erfordernis der Errichtung einer inneren Brandwand. Die gegen die Baugenehmigung erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Hiergegen wendete sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung an den VGH. Er berief sich u.a. auf die nachbarschützende Wirkung des Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO.
Die Entscheidung
Der VGH München lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Die bauaufsichtlichen Brandschutzvorschriften hätten dann nachbarschützende Wirkung, wenn sie dem Schutz der Nachbarn vor einer Ausbreitung von Feuer und Rauch dienten. Eine solche Schutzfunktion komme den Bestimmungen über die Anforderungen an innere Brandwände nicht zu.
Dies gelte auch für die Regelung des Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO, wonach Brandwände „als innere Brandwand zur Unterteilung ausgedehnter Gebäude in Abständen von nicht mehr als 40 m“ erforderlich sind. Eine drittschützende Zweckrichtung zugunsten benachbarter Grundstückseigentümer lasse sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift oder sonstigen Umständen entnehmen. Vielmehr diene diese Vorschrift dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich im Gebäude aufhaltenden Menschen.
Dass mit der Eindämmung der Gefahr einer Brandausbreitung innerhalb von Gebäuden faktisch auch die Gefahr des Übergreifens von Feuer und Rauch auf Nachbargebäude verringert werden könnte, genüge für die Annahme einer nachbarschützenden Wirkung der Vorschrift hingegen nicht.
Die Folgen
Die Klage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung kann für ein Bauvorhaben auf Jahre hinaus Unsicherheit schaffen. Gelingt es dem Nachbarn zwar nicht, die Vollziehbarkeit der Baugenehmigung in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren entgegen der Grundregel des § 212a BauGB zu verhindern, muss der Bauherr dennoch bis zu einem rechtkräftigen Urteil des in bauordnungsrechtlichen Streitigkeiten in letzter Instanz zuständigen Obergerichts (OVG oder VGH) damit rechnen, dass die Baugenehmigung durch das Gericht aufgehoben wird. Voraussetzung hierfür ist indessen, dass die Baugenehmigung eine Vorschrift verletzt, die auch dem Nachbarn zu dienen bestimmt ist.
Im öffentlichen Baurecht kommt nach der ständigen Rechtsprechung folgenden Regelungen eine nachbarschützende Wirkung zu:
- die Regelungen über Abstandsflächen
- die Lage und die Anordnung von Stellplätzen
- das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme
- die brandschutzrechtlichen Regelungen, die auch dem Schutz des Nachbarn dienen sollen.
Mit seinem Beschluss vom 03.09.2015 stellte der VGH München nunmehr klar, dass sich der Nachbarschutz unmittelbar aus der gesetzlichen Anforderung ergeben muss. Praktisch kommt eine nachbarschützende Funktion damit nur den Regelungen über äußere Bauteile mit Bezug zur Nachbargrenze zu. Dabei handelt es sich um äußere Brandwände und Regelungen zu der Beschaffenheit von Dächern. Anforderungen, die eine Ausbreitung von Feuer und Rauch im Gebäude behindern sollen, zählen hierzu nicht, da sie nicht unmittelbar den Schutz des Nachbarn bezwecken, sondern der Nachbarbebauung nur einen faktischen Schutz vermitteln. Eine Ausnahme mag gelten für Trennwände innerhalb eines Gebäudes bei unterschiedlichen Eigentümern. Im Fall einer Wohnungseigentümergemeinschaft stellt sich öffentlich-rechtlich dann aber die Frage nach der Zulässigkeit einer Nachbarklage. Die Trennwand als Teil des Gemeinschaftseigentums dürfte einem verwaltungsgerichtlichen Streit innerhalb der Gemeinschaft entzogen sein.
Für weitere Informationen siehe auch: www.juris.de
Entscheidungen der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit: www.gesetze-bayern.de
Der Artikel ist in Ausgabe 2.2016 (März 2016) des FeuerTrutz Magazins erschienen. Hier erhalten Sie weitere Informationen zum FeuerTrutz Magazin.