Um die Planungsmethode Building Information Modeling (BIM) einzusetzen, sollten Fachplaner*innen Brandschutz gewisse Grundkenntnisse haben. Wir sprachen mit Tim Obermeier von hhpberlin, dem Sprecher der Brandschutz-Fachgruppe bei buildingSMART, und seinem Kollegen Peter Dahnke, über den Einsatz von BIM im Planungsprozess, aktuelle Herausforderungen und die Ziele der Fachgruppe Brandschutz bei buildingSMART.
Was sollte ein Fachplaner für Brandschutz über die Planungsmethode BIM wissen, um an einem BIM-Projekt teilnehmen zu können?
Es sollten die theoretischen Kenntnisse und Hintergründe wie sie bspw. in der ISO 19650 und der VDI 2552 beschrieben sind, bekannt sein. Damit kann der Fachplaner eine grundlegende Sprachfähigkeit zur BIM-Thematik erlangen. Die Teilnahme an entsprechenden Fortbildungsangeboten ist eine potenziell gute Ergänzung zum Selbststudium.
Weiterhin sollte der Fachplaner bzw. das Planungsbüro bereits Ansätze für einen möglichen BIM-Workflow angedacht haben. Auch die Themen Software und Hardware sind hierbei nicht zu vernachlässigen. Die zwangsläufig im Planungsprozess entstehenden Herausforderungen und Erfahrungen führen im besonderen Maße zu einem verbesserten Verständnis für das Thema.
Im BIM-Prozess wird unterschieden zwischen BIM-Autoren, die (Teil-)Modelle erstellen und Koordinatoren, die prüfen und zusammenführen. Welche Rolle nimmt hier der Brandschützer ein?
Diese Frage lässt sich so pauschal nicht beantworten. Aus unserer Sicht orientiert sich die Rolle an den avisierten BIM-Zielen des Auftraggebers als auch an den abgestimmten Prozessen bzw. der geplanten Abwicklung des Projektes (BAP). Was sich auch in Zukunft nicht ändern wird, ist unsere eigentliche Kernaufgabe: Die Bewertung der Genehmigungsfähigkeit der Planung des Entwurfsverfassers aus brandschutztechnischer Sicht. Dies kann bspw. durch eine Sichtung und Kommentierung des Architekturmodells oder auch durch ein eigenes Brandschutz-Fachmodell erfolgen. Daher sollte sich der Fachplaner für Brandschutz je nach Aufgabenstellung darüber bewusst werden, dass durchaus mehrere Rollen, wie sie bspw. in der VDI definiert sind, gleichzeitig durch ihn zu besetzen sind.
Sprechen wir über Stufen der BIM-Implementierung: Welche Brandschutzbelange lassen sich jetzt schon verhältnismäßig leicht mit BIM umsetzen? Wo gibt es noch Schwierigkeiten? Wo ist der Aufwand noch unverhältnismäßig hoch?
Die Belange des baulichen Brandschutzes wie bspw. der Feuerwiderstand lassen sich bereits gut in die BIM-Modelle der Objektplaner oder das eigene Brandschutz-Fachmodell integrieren. Dabei zeigt die aktuelle Praxis, dass die Fachplanung Brandschutz mitunter die kleinteiligste Bauteiltrennung braucht, um unterschiedliche Anforderungen an durchgehend modellierte Bauteile, wie Flurwände und/oder Trennwände korrekt abbilden zu können.
Trotz der mutmaßlichen Trivialität in Bezug auf die Implementierung der baulichen Brandschutzanforderungen ist der damit zeitlich verbundene Aufwand je nach Projekt nicht zu unterschätzen. Die Implementierung weiterer Brandschutzanforderungen (anlagentechnischer Brandschutz, Rettungswegführung, etc.) ist im Hinblick auf das Zusammenwirken der Maßnahmen noch nicht durchgängig möglich. Der Verein zur Förderung von Ingenieurmethoden im Brandschutz (ViB) erarbeitet derzeit einen Vorschlag zur Attribuierung auf Basis der 2020 veröffentlichten Muster-AIA für Brandschutz.
Aktuell bedeutet BIM für den Brandschützer selbst noch Mehraufwand, was die Implementierung für Auftraggeber teuer macht – bleibt das so oder erwarten Sie hier eine Vereinfachung des Vorgehens für die Zukunft?
Der Mehraufwand steckt zum einen in der derzeit erforderlichen Parallelität zum konventionellen Bauantrag und in der gesteigerten Bearbeitungstiefe zu einem frühen Zeitpunkt im Projektablauf sowie durch einen damit verbundenen nicht zu unterschätzenden projektorganisatorischen Aufwand.
Weiterhin sind Bauvorhaben auch zukünftig Unikate, sodass Workflows und Arbeitsweisen zum Teil projektspezifisch zugeschnitten werden müssen.
Was ändert sich aus Ihrer Sicht durch den digitalen Bauantrag?
Zunächst muss man zwischen dem digitalen und dem modellbasierten Bauantrag unterscheiden. Der digitale Bauantrag erfolgt konventionell mit dem Unterschied, dass die Bauvorlagen nicht in gedruckter Form abgegeben werden. Diese Form des Bauantrages ist jedoch unabhängig von der Thematik BIM.
Der modellbasierte Bauantrag hingegen bietet aus unserer Sicht Vorteile hinsichtlich der Planungsqualität sowie der Dokumentation. Da aber der modellbasierte Bauantrag derzeit noch nicht möglich ist, ist parallel zur BIM-Planung ein konventioneller Bauantrag notwendig. Es sollen zukünftig Prüfalgorithmen auf Basis der Modelle zur Unterstützung der prüfenden Instanzen etabliert werden. Zum modellbasierten Bauantrag und dessen Prüfung gibt es derzeit verschiedene Forschungsaktivitäten (Projekt "BIM-basierter Bauantrag" mit Konzept für die nahtlose Integration von Building Information Modeling (BIM) in das behördliche Bauantragsverfahren: ruhr-uni-bochum.de). Als Beispiel können wir ein erstes Pilotprojekt eines realen Bauvorhabens in Dortmund, welches als modellbasierter Bauantrag genehmigt worden ist, nennen.
Als Mitglied bzw. Sprecher der Fachgruppe Brandschutz bei buildingSMART arbeiten Sie unter anderem an der Schaffung von Standards für die Brandschutzattribuierung von digitalen Bauwerksmodellen für Open BIM. Können Sie für unsere Leser kurz erläutern, was das bedeutet?
Zur Unterstützung des avisierten modellbasierten Bauantrages sind aus unserer Sicht bundeseinheitliche Standards hilfreich. Hier geht es insbesondere um die maschinenlesbare Abbildung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen im BIM-Prozess.
Wir könnten uns bspw. vorstellen, dass das BIM-Modell eines Tages selbst zur Bauvorlage werden könnte. Auf Basis einheitlicher Standards können die angesprochenen Prozesse des Bauantrages sowie mögliche Prüfalgorithmen effizienter und konsistenter ausgearbeitet werden. Hierzu gibt es beim buildingSMART eine neu gegründete Projektgruppe zum Thema "Digitalisierung der Musterbauordnung". Selbstverständlich müssen bei den Überlegungen auch länderspezifische Regelungen Beachtung finden.
Wie werden die Ergebnisse der Fachgruppe die Arbeit von Brandschützern erleichtern?
Durch die einheitlichen Standards sollte es u.a. einfacher werden, neue BIM-Projekte aufzusetzen und diese in Zukunft mit gesteigerter BIM-Erfahrung effizienter umzusetzen. Die gemeinsame Erarbeitung von Standards wird zu einer guten Qualität führen, die auch weitere Planer-Landschaften und konkrete Projekte unterstützen kann.
Surftipp: Fachinformationen zum digitalen Planen, Bauens und Betreiben
Das Online-Portal 4builders.net bietet Fachwissen für die Bereiche Planen, Bauen und Betreiben. Neben dem Schwerpunkt BIM werden die Themen Bausoftware, IoT, Smart Living/Home/City, innovative technology und New Work in den Fokus gestellt: www.4builders.net