In Industriebetrieben gibt es ein Element des Gesamtsystems Brandschutz, das es in keinem anderen Gebäudetyp gibt: die Werkfeuerwehren. Sie übernehmen eine zentrale Aufgabe bei der Bekämpfung von Bränden, aber auch schon bei deren Vermeidung, also im vorbeugenden Brandschutz. Die Redaktion sprach mit Martin Wilske, Vorsitzender des Bundesverbandes betrieblicher Brandschutz, Werkfeuerwehrverband Deutschland (WFVD), zu dem Thema.
Guten Tag Herr Wilske, warum brauchen wir überhaupt Werkfeuerwehren? Wir geben doch in Deutschland sehr viel Geld für die leistungsstarken Berufsfeuerwehren oder auch die freiwilligen Feuerwehren aus. Diese sind oft innerhalb von wenigen Minuten am Einsatzort.
Martin Wilske: Wir haben tatsächlich sehr leistungsstarke Berufs- und freiwillige Feuerwehren, die enorm viel leisten. Zum Kostenfaktor möchte ich kurz anmerken, dass zwar jedes Feuerwehrauto etwas kostet, aber wenn wir das in Relation zu anderen Haushaltssummen setzen, kostet uns der Brandschutz eigentlich nicht viel Geld. Es ist also eine wirtschaftliche Investition. Und zum ersten Teil der Frage: Die öffentlichen Feuerwehren haben sehr breit gefächerte, allgemeine Aufgaben und können daher auch nur gewisse Risiken abdecken.
Das heißt, irgendwann kommen Berufsfeuerwehren an ihre Grenzen?
Der großindustrielle Bereich wäre für eine öffentliche Feuerwehr viel zusätzliche Arbeit, die dank Werkfeuerwehren vermieden wird. Wir sprechen dort von Risiken, die man nicht mehr mit der Standardausrüstung und der Ausbildung einer öffentlichen Feuerwehr bewältigen kann. Da braucht es einfach zusätzliche „Power“ in Bezug auf Ausrüstung und Ausbildung. Und es kommt nicht immer nur auf das Maximalrisiko an, sondern auch auf die Entlastung des öffentlichen Systems, wenn Werkfeuerwehren in größeren Industriebetrieben z. B. 1.000 Brandmelderalarme pro Jahr abwickeln.

Können Sie uns ein Beispiel für besondere Ausrüstung nennen, die im industriellen Brandschutz benötigt wird, die aber von einer öffentlichen Feuerwehr nicht vorgehalten wird?
In der chemischen und petrochemischen Industrie werden Fahrzeuge mit großen Pumpen und Löschmitteltanks eingesetzt, die große Mengen an Löschmitteln, etwa bei Tankbränden, aufbringen können. Ein Beispiel ist der Turbolöscher, der mithilfe von Abgasstrahlen feinst vernebelte Wasserschleier über eine Entfernung von bis zu 250 m über Anlagen oder Tankbereiche legen kann – spektakulär, spezialisiert und effektiv. In der Automobilindustrie hingegen nutzt man kleine Fahrzeuge, die bei Alarmen innerhalb der Produktionshallen für gezielte Innenangriffe eingesetzt werden.
Podcast: FeuerTrutz On Air
Das Interview mit Martin Wilske ist ein Auszug aus dem Gespräch der dritten Folge des neuen Podcasts FeuerTrutz On Air, der im Dezember 2024 gestartet ist.
Moderiert von André Gesellchen, Chefredakteur von FeuerTrutz, bietet der Podcast fundierte Einblicke in aktuelle Themen und Herausforderungen der Branche. Die dritte Folge mit dem Gast Martin Wilske widmet sich der zentralen Rolle der Werkfeuerwehren im industriellen Brandschutz und kann auf allen gängigen Streaming-Plattformen sowie online abgerufen werden.
Jetzt anhören: Spotify | Apple Podcasts | Pocket Casts | Deezer
Zurück zu meiner Kernfrage: Was sind nun die Aufgaben einer Werkfeuerwehr ganz konkret?
Die Werkfeuerwehr hat zunächst einmal sogar einen öffentlichen Auftrag. Sie ist die Feuerwehr, die für diesen Bereich zuständig ist und den Brandschutz sicherstellen muss. Über ihr steht dann keine öffentliche Feuerwehr mehr. Sie muss auf alle Gefahren vorbereitet und entsprechend ausgebildet sein. Darüber hinaus sind wir beim Thema Werkfeuerwehr natürlich in Wirtschaftsunternehmen unterwegs: Da gelangt man sehr schnell in den präventiven Bereich. Das heißt, die betrieblichen Feuerwehren versuchen möglichst wenig Arbeit zu haben, die Betriebe möglichst sicher zu halten und alles schnell abgearbeitet zu bekommen, wenn ein Ereignis eintritt. Auf der anderen Seite – und das ist auch ein wesentlicher Punkt im Bereich des sog. Business-Continuity-Managements – schauen die Werkfeuerwehren verstärkt und gezielt darauf, dass nach einem Ereignis, egal ob klein oder groß, der Betrieb möglichst schnell wieder in die Produktion zurückkehren kann.
Was ist eines der wichtigsten Ziele?
Letztlich ist der Betriebsausfall das, was unbedingt vermieden werden muss, egal ob es sich um einen Flughafen, einen Chemiebetrieb oder einen Automobilhersteller handelt. Der Betrieb muss laufen, und alles Denken und Handeln der Werkfeuerwehr dreht sich um diesen Punkt. Zusätzlich gibt es noch „mitlaufende“ Themen wie die Feuerlöscherüberprüfung oder die Überprüfung der Brandschutzeinrichtungen in den Betrieben. Manche Werkfeuerwehren übernehmen Sonderdienste, indem sie z. B. Dienstfahrräder im Werk betreuen, je nachdem, was an Aufgaben anfällt und wie die Kapazitäten gestaltet sind.
Herr Wilske, Vielen Dank für das Gespräch!