FeuerTrutz Magazin 4-2020: Interview BIM Mehr Akzeptanz durch praktische Anwendung
(Bild: Gerd Altmann auf Pixabay)

Beruf | Ausbildung 3. September 2020 Interview zu Building Information Modeling: Mehr Akzeptanz durch praktische Anwendung

Building Information Modeling (BIM) gilt als Arbeitsweise der Zukunft für die Planung, den Bau und den Betrieb von Gebäuden. Unter dem Dach der internationalen non-profit-Organisation buildingSMART ist in Deutschland eine Fachgruppe entstanden, die BIM für das Gewerk Brandschutz voranbringen will. FeuerTrutz sprach mit Dominique Max, dem Sprecher der Gruppe, über den Stand der Umsetzung und die Ziele der Initiative.

Herr Max, wie setzt sich die Fachgruppe Brandschutz bei buildingSMART zusammen und was sind die Ziele, die darin verfolgt werden?

Die Fachgruppe setzt sich aus interessierten Mitgliedern der buildingSMART Deutschland zusammen. Das Spektrum der Teilnehmer ist dabei breit, neben Fachplanern und Behördenvertretern nehmen auch Vertreter von Bauproduktherstellern oder Forschungseinrichtungen an den Treffen der Fachgruppe teil und wirken bei der Gremiumsarbeit mit.

Ziel der Gruppe ist in einem ersten Schritt, Standards für die Abwicklung einer BIM-basierten Brandschutzplanung zu erarbeiten.

Wie weit ist die Entwicklung von standardisierten Arbeitsprozessen für die Brandschutzplanung in BIM vorangeschritten?

Zunächst einmal ist mein Eindruck, dass die Planungsmethode BIM für die Planung und den Betrieb von Gebäuden einen wichtigen Mehrwert darstellen kann.

Aus dieser Überzeugung heraus beschäftigen sich die am Bau Beteiligten im Allgemeinen intensiv mit der Methode. Die praktische Umsetzung hinsichtlich der Brandschutzplanung findet derzeit nach meinen Informationen nur in wenigen Projekten statt. Aus der Projekterfahrung und durch die Gremienarbeit, wie sie bei der buildingSMART ehrenamtlich erbracht wird, schreitet auch die Standardisierung voran.

Derzeit gibt es wenig bis kaum standardisierte Arbeitsprozesse, die mit BIM abgebildet werden.

FeuerTrutz Magazin 4-2020 Interview BIM: Mehr Akzeptanz durch praktische Anwendung (Dominique Max)
Im Interview mit Dominique Max, Sprecher der Fachgruppe Brandschutz bei buildingSMART Deutschland

BIM ist seit Jahren in aller Munde aber täuscht der Eindruck, dass die Brandschutzplanung hier noch nicht so weit ist wie andere Gewerke?

Das kann man nicht pauschal beantworten. Auch in anderen Fachbereichen wird BIM nicht vollumfänglich angewendet. Aus meiner Sicht ist das auch nicht zwingend erforderlich. Wichtig ist, dass die Projektbeteiligten den Mehrwert einer BIM-basierten Planung mit einem dazu gehörenden Ziel verknüpfen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass Aufwand und Nutzen in einem richtigen Verhältnis zueinander stehen.

Ist es heute möglich, die Brandschutzplanung rein in BIM zu erstellen und kann das ein Ersatz für ein Brandschutzkonzept sein?

Prinzipiell lässt sich bereits heute vieles, das für den Brandschutznachweis erforderlich ist, mit den gängigen Planungswerkzeugen technisch abbilden. Die Frage, die sich daraus ergibt, ist: Wann muss welche Information von welchem Planungsbeteiligten zur Verfügung gestellt werden und für welchen Zweck? Für eine Kollisionsplanung der technischen Gebäudeausrüstung beispielsweise müssen nicht zwangsweise die Flächen für die Feuerwehr im Außenbereich dargestellt werden und es genügt einen Teil der brandschutzrelevanten Themen zu berücksichtigen. Will man das BIM-Modell jedoch zu einem Datencontainer für den digitalen Bauantrag ausbauen, sind die Anforderungen an ein solches Modell deutlich größer. Gleichzeitig muss die Prüfbarkeit des Modells gegeben bleiben, was derzeit auch in Forschungsprojekten untersucht wird. Diese Themen gilt es bei der Definition des Anwendungsfalles zu beachten.

Braucht der Brandschutz in jedem Fall ein eigenes Fachmodell?

I.d.R. macht es Sinn den Brandschutz in einem eigenen Fachmodell abzubilden, insbesondere wenn der Fachplaner für Brandschutz als Informationsautor Informationen in ein BIM-Modell einträgt. Das lässt sich an einem einfachen Beispiel darstellen.

Der Modellersteller, in der Regel der Architekt, modelliert eine Flurwand als ein Objekt in seinem Modell. Da Informationen objektspezifisch im Modell abgelegt werden, bekommt die Wand beispielsweise das Attribut feuerhemmend für die Feuerwiderstandsdauer. Ist ein angrenzender Raum jedoch ein Raum mit erhöhter Brandgefahr, ändert sich die Anforderung von feuerhemmend auf feuerbeständig. Die Folge ist, dass die Wand geteilt werden muss, um die richtige Attribuierung für die Wandteile vorzunehmen. Zweifellos erfordern solche geometrischen Änderungen des Modells einen hohen Koordinierungsaufwand und Änderungen sollten durch eine entsprechend geschulte Person mittels Anwendung von Software in einem Koordinationsmodell auf Richtigkeit überprüft werden.

Info: buildingSMART Deutschland

buildingSMART Deutschland versteht sich als Kompetenznetzwerk für digitales Planen, Bauen und Betreiben von Bauwerken.
Wesentliche Aufgabe des Verbandes ist die Weiterentwicklung und Standardisierung des offenen, d.h. herstellerneutralen Informationsaustauschs in BIM-Projekten und die Definitionen und Standardisierung von entsprechenden Arbeitsprozessen. buildingSMART hat beispielsweise den Datenstandard IFC entwickelt und weltweit verbreitet und entwickelt diesen fortwährend weiter – er wird von vielen BIM-Softwareprodukten genutzt. Die Arbeitsstruktur orientiert sich mit seinen acht Arbeitsräumen (oder: Haupthandlungfeldern) an der entsprechenden Arbeitsstruktur von buildingSMART International. Innerhalb der Arbeitsräume organisieren sich Fachgruppen und Projektgruppen. Innerhalb unserer Regionalgruppen arbeiten auch immer mehr regionale Arbeitsgruppen zu inhaltlichen Themen. Roundtables sind in der Regel einmalige Angebote an bestimmte Expertenkreise, um Interesse an einem konkreten Thema zu klären und Handlungsbedarf abzustimmen.
www.buildingsmart.de

Informationen zur Fachgruppe Brandschutz finden Sie auch unter:
www.bsde-tech.de/mitarbeiten/fachgruppen/fg-brandschutz

Welche Informationen sollte ein Fachmodell Brandschutz enthalten und wie bringt der Brandschutzplaner diese Informationen ins Modell ein?

Wie zuvor angedeutet hängt diese Frage vor allem mit dem angestrebten Zweck zusammen. Es empfiehlt sich daher als Fachplaner schon in einer frühen Phase mit dem Auftraggeber abzustimmen, welche Informationen zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt werden.

Lassen sich auch Abweichungen und Erleichterungen in einem BIM-Modell abbilden?

Derzeit gibt es keine vorgefertigte Struktur, wie Abweichungen und Erleichterungen im BIM Modell abgebildet werden können. Denkt man an den digitalen Bauantrag, wird man nicht daran vorbeikommen, auch hinsichtlich der Prüfbarkeit von Brandschutznachweisen für diesen Anwendungsfall Methoden zu entwickeln.

Wie stehen die Genehmigungsbehörden zu einer Brandschutzplanung in BIM?

Stand der Technik ist und bleibt für absehbare Zeit der Bauantrag, der auf Grundlage eines schriftlichen Brandschutznachweises und den damit zusammenhängenden Brandschutzplänen beantragt und genehmigt wird. Sollte die Thematik digitaler Bauantrag an Stellenwert gewinnen, wird der Druck größer sich mit diesem Thema zu beschäftigen. In unserer Fachgruppe sind bereits Vertreter von Behörden und Brandschutzdienststellen, die sich gegenüber dem Thema grundsätzlich aufgeschlossen zeigten.

Wie können sich kleinere Brandschutzbüros dem Thema BIM am besten nähern?

Grundsätzlich sollten sich die Planenden mit dem Thema auseinandersetzen durch den fachlichen Austausch mit Fachkollegen, auf Fortbildungsveranstaltungen oder durch einschlägige Literatur. Derzeit stehen bei den meisten Modellierungswerkzeugen hohe Kosten der Einführung im Weg. Für den Start empfehle ich kostenlose Viewer, um gegebenenfalls an Beispielmodellen erste Erfahrungen zu sammeln. Es ist beispielsweise als Zwischenschritt auch denkbar, dass Brandschutzsachverständige Informationen für ihren Nachweis aus BIM-Modellen ziehen und die Anforderungen an das Gebäude mittels BIM Collaboration Format (BCF) an den Architekten übermitteln und dieser die Anforderungen in das Bim Modell einpflegt.

BIM ist ja ein stark national geregelter Bereich. Welche Ansätze für eine Zusammenarbeit auf internationaler Ebene gibt es dennoch?

Derzeit befindet sich eine internationale Aktivität im Entstehungsprozess, die den internationalen Kontext präskriptiver Anforderungen näher beleuchten soll und von der Fachgruppe mit initiiert wurde. Derzeit sind wir auf der Suche nach weiteren nationalen wie internationalen Partnern. Es ist sinnvoll den Blick über die nationalen Grenzen zu erweitern, da BIM-Prozesse mit Software abgebildet werden, die nicht nur für den deutschen Markt entwickelt wurde. Eine Standardisierung auf internationaler Ebene würde eine bessere und schnellere Implementierung von Schnittstellen erlauben und zudem die Interoperabilität der Unternehmen verbessern. Es ist jedoch richtig, dass bei allen Anstrengungen einer Harmonisierung die nationalen Bedarfe der Implementierung brandschutzrelevanter Inhalte nicht zu kurz kommen dürfen. Hierzu dient auch unsere Fachgruppe.

Was müsste geschehen, damit BIM im Allgemeinen und speziell im Brandschutz sich schneller in der Planungspraxis durchsetzt?

Durch die praktische Anwendung von BIM in Modellprojekten wird sich die Akzeptanz vergrößern. An diesen Projekten können Methoden und Standards erprobt werden, die für weitere Projekte beispielgebend sein können. Der Austausch und die Normierung in Fachgremien unterstützt die Verbreitung und Umsetzung zusätzlich. Parallel sollte die Aus- und Weiterbildung der Anwender und Auftraggeber zum Thema BIM im Allgemeinen vertieft werden. Dann steht einer breiten, zielgerichteten und erfolgreichen Brandschutzplanung nichts im Wege.

Zum Gesprächspartner

Dipl.-Ing. Dominique Max: Mitarbeiter der Forschungsstelle für Brandschutztechnik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und ist zusammen mit Stefan Truthän und Tim Obermeier (beide hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH) Sprecher der Fachgruppe Brandschutz bei building SMART Deutschland.

zuletzt editiert am 27.04.2021