Die Redaktion sprach mit dem Präsidenten Dr. Roman Rupp und dem Geschäftsführer Jörg-Uwe Strauß des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz e.V. (DIvB) über die Ziele im neuen Vereinsjahr.
Das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz hat in den letzten zwei Jahren zahlreiche Mitglieder hinzugewonnen. Wo steht der Verband heute?
Dr. Roman Rupp: Das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz e.V. (DIvB) versteht sich als Partner der Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft in allen Fragen rund um den vorbeugenden Brandschutz im baulichen, anlagentechnischen und organisatorischen Bereich. Wir haben uns bereits bei der Vereinsgründung im Jahr 2012 als offene Plattform definiert, die das aktuelle brandschutztechnische Fachwissen bündeln, die wissenschaftliche Forschung und Bildung sowie den Erfahrungsaustausch zwischen in- und ausländischen Brandschutzexperten unterstützen soll.
Mit dem Umzug unserer Geschäftsstelle von Köln nach Berlin und der Einstellung von Herrn Strauß als Geschäftsführer vor gut drei Jahren haben wir unsere Professionalisierung stark vorangetrieben: Über die verbandstypischen Aufgaben wie Beteiligung an Gesetzesänderungen und Normungen hinaus haben wir uns seitdem deutlich besser mit anderen Verbänden, der Politik und den Ministerien vernetzen können. Wir haben außerdem unsere Öffentlichkeitsarbeit intensiviert, indem wir unsere Website neugestaltet haben und uns regelmäßig öffentlich zu aktuellen Brandschutzthemen äußern. Unsere Serviceangebote für Mitglieder haben wir ebenfalls ausgeweitet. So bekommen wir zum Beispiel auf unsere regelmäßigen Mitgliedernewsletter viele Rückmeldungen und Anregungen, sind also in intensivem Dialog.
Dank des Mitgliederwachstums konnten wir auch die Arbeit in unseren Fachgruppen intensivieren und weitere Fachgruppen gründen. Im Frühjahr werden wir z.B. im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMVI) einen „Runden Tisch“ zum Thema Elektromobilität und Brandschutz organisieren. Das alles kommt in der Branche offenkundig gut an und hat dazu geführt, dass wir innerhalb der letzten drei Jahre einen organischen Mitgliederzuwachs von gut 120 Prozent erreicht haben.
Wie setzt sich die Mitgliederschaft derzeit zusammen?
Jörg-Uwe Strauß: Unsere Mitgliederschaft besteht im Wesentlichen aus den drei Gruppen: Verbände, Unternehmen und Einzelmitglieder. Die Zahl der Verbände ist über die Jahre nur wenig gestiegen. Unter den Unternehmen bilden vor allem kleine und mittlere Betriebe den Schwerpunkt. Ihre Zahl hat sich in den vergangenen drei Jahren in etwa verfünffacht. Die größte Gruppe mit ebenfalls hohem Zulauf ist aber weiterhin die der Einzelmitglieder, also die der Brandschutzsachverständigen, Architektur- und Ingenieurbüros.
Zielsetzung des DIvB ist erklärtermaßen, „Deutschlands Stimme für den vorbeugenden Brandschutz“ zu sein. Wird diese Stimme inzwischen ausreichend gehört?
Dr. Roman Rupp: Das ist leider noch nicht der Fall. Ich bin vielmehr der Überzeugung, dass es großer Anstrengungen unserer gesamten Branche bedarf, um angemessen gehört zu werden. In der heutigen Mediengesellschaft strömen auf uns alle tagtäglich unzählige Informationen über unterschiedlichste Themen ein. Das gilt für Verwaltungen, Ministerien und die Politik in besonderem Maße. Infolgedessen nehmen wir meist nur noch die großen Wellen und Themen wahr, die in den Medien oft künstlich überbetont werden und die alle anderen Themen absorbieren.
Der zusätzliche Resonanzboden von Facebook und Co. verstärkt diesen Effekt. Dort äußern viele Menschen oftmals auch extreme Positionen ohne Beachtung üblicher Umgangsformen – offenbar, weil sie in der Regel nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden.
Gegen diese künstlich erzeugten und verstärkten Wellen zu bestehen ist schwer. Nur wer eine starke Stimme hat, dringt durch. Deshalb arbeite ich mit meinen Präsidiumskolleginnen und -kollegen intensiv daran, die Vielstimmigkeit der Branche zu beenden und unsere Kräfte zu bündeln. Unsere gemeinsame Vision ist die eines fachlich breit aufgestellten Brandschutzverbandes von Wirtschaftsakteuren der Branche. Als DIvB möchten wir gleichermaßen Initiator und Treiber dieser Konzentration der Brandschutzinteressen sein.
Die Aufgaben der Geschäftsstelle der Bundesvereinigung Fachplaner und Sachverständige für den vorbeugenden Brandschutz e.V. (BFSB) sind im April 2021 auf das DIvB übertragen worden, und es gab das Angebot an alle BFSB-Mitglieder, zum Jahresende in das DIvB zu wechseln. Wie viele BFSB-Mitglieder haben bisher den Schritt zum DIvB gemacht?
Jörg-Uwe Strauß: Bisher sind etwa 20 Mitglieder des BFSB zu uns gekommen. Ich bin mir sicher, dass wir zahlreiche weitere ehemalige Mitglieder des BFSB im Laufe des Jahres von den Vorteilen einer DIvB-Mitgliedschaft überzeugen können – spätestens, wenn sie bemerken, dass sie eine starke Interessenvertretung und den regelmäßigen Austausch brauchen.
Gibt es mit weiteren Verbänden aus dem Brandschutzbereich Kooperationspläne?
Jörg-Uwe Strauß: Ja, ganz konkret arbeiten wir mit dem Bundesverband Brandschutz-Fachbetriebe e.V. (bvbf) an einem Zusammenschluss. Als Interessenvertretung der Fachbetriebe, Fachhändler, Hersteller und Dienstleister des technischen und organisatorischen Brandschutzes in Deutschland hat dessen Vorstand von der Mitgliederversammlung am 8. Oktober vergangenen Jahres ein Mandat für eine Forcierung der Verbändetransformation mit dem DIvB erhalten.
Ziel ist eine Verschmelzung nach den Vorgaben des Umwandlungsgesetzes (UmwG). Ein Verein nimmt dabei den anderen Verein in sich auf. Zuvor muss eine neue Satzung und Beitragsordnung erstellt werden. Da auch die DIvB-Mitgliederversammlung am 28. Oktober dem Präsidium einen entsprechenden Auftrag erteilt hat, arbeiten beide Seiten derzeit daran. Am Ende müssen die Mitglieder beider Verbände das Ergebnis in jeweils eigenen Versammlungen diskutieren und beschließen.
Welche Themen und konkreten Ziele stehen für den Verband im Jahr 2022 im Fokus?
Jörg-Uwe Strauß: Zurzeit arbeiten wir daran, den Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMVI) umzusetzen, im Frühjahr einen „Runden Tisch“ zum Thema Elektromobilität und Brandschutz zu organisieren.
Außerdem betreuen wir als ideeller Träger das im Juni vergangenen Jahres gestartete Pilotprojekt „Naumburg – Digitale Sicherheitshauptstadt Deutschlands“. Des Weiteren nimmt unsere neu gegründete Fachgruppe „Baurecht“ Fahrt auf.
Weitere wichtige Ziele im laufenden Jahr sind der Ausbau der Verbandskooperationen, der Ausbau des Veranstaltungsgeschäfts durch eigene Veranstaltungen und als Mitveranstalter sowie die Übernahme der ideellen Trägerschaft bzw. der Funktion des Mitveranstalters von Weiterbildungsseminaren. Sie sehen, wir haben uns neben der Interessenbündelung und der kontinuierlichen Steigerung unserer Bekanntheit sowie dem Ausbau unseres Netzwerks viel vorgenommen.
Die CO2-Emissionen aus Bau und Nutzung von Gebäuden sind für etwa 30 Prozent der Emissionen in Deutschland verantwortlich. Welchen Beitrag kann der vorbeugende Brandschutz da und insgesamt zu einem nachhaltigeren und ressourcenschonenderen Bauen leisten?
Dr. Roman Rupp: Themen wie Abfallvermeidung, Recycling und Kreislaufwirtschaft müssen schnellstmöglich bestimmend für unseren Alltag werden. Wir brauchen darüber hinaus viel strengere Grenzen bei der Nutzung unserer Ressourcen. Finnland hat zum Beispiel den Verbrauch an Primärressourcen bis 2035 auf den Wert von 2015 gedeckelt.
In Kooperation mit der re!source-Stiftung e.V. hat das DIvB zudem eine Initiative zur Sensibilisierung aller am Bau Beteiligten für das Thema „Nachhaltigkeit im Brandschutz“ begründet. Der Klimawandel lässt sich nicht dadurch stoppen, dass immer neue Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien den weltweit steigenden Energiebedarf decken. Den Zuwachs der Erneuerbaren brauchen wir dringend, um fossile Brennstoffe zu ersetzen. Wir müssen vielmehr den Energieverbrauch drastisch senken, um den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 so stark zu begrenzen, wie es für den Klimaschutz nötig ist.
Unser energetisch in weiten Teilen veralteter Gebäudebestand muss dringend saniert werden. Auch dabei sollten wir vor allem auf eine Verringerung des Energiebedarfs setzen und die seit Jahren viel zu niedrigen Sanierungsquoten massiv erhöhen. Die Brandschutzbranche muss sich und ihr Wissen dabei massiv einbringen, damit wir nicht nur möglichst klimaschonend sanieren und bauen, sondern darüber hinaus gleichzeitig für ein hohes Brandschutzniveau unserer Gebäude sorgen.
Ein Problem, mit dem praktisch alle am Bau Beteiligten zu kämpfen haben, ist der Fachkräftemangel. Was tut das DIvB im Hinblick darauf und auf die Aus- bzw. Weiterbildung von Fachkräften?
Jörg-Uwe Strauß: Als Verband können wir unseren Mitgliedern die Suche nach qualifiziertem Nachwuchs zwar nicht abnehmen, wohl aber unsere Branche durch eine entsprechende Außendarstellung attraktiver machen. In seiner Rolle als Institut hat sich das DIvB deshalb unter anderem das Ziel gesetzt, beim vorbeugenden Brandschutz bundesweit einheitliche und qualitätsgesicherte Aus- und Fortbildungsgänge zu schaffen.
Gemeinsam mit den führenden Bildungsträgern haben wir praxisnahe und besonders fachgerechte Standards entwickelt, die für eine hohe Qualität der Lehre sorgen und dem Nachwuchs in unserer Branche Weiterbildungs- und damit Aufstiegsmöglichkeiten bieten sollen. Nach den Kriterien der DIvB-Richtlinie 100 finden seit Jahren die Ausbildungen zum „Geprüften Fachplaner für vorbeugenden Brandschutz“ und „Geprüften Sachverständigen für vorbeugenden Brandschutz“ statt. Inzwischen wurde die Richtlinie 200 „Geprüfter Fachbauleiter für vorbeugenden Brandschutz“ final überarbeitet und wird in Kürze veröffentlicht. Mit der Richtlinie 300 „Geprüfter Brandschutzmanager“ steht ein weiteres Projekt des DIvB an, das wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern Circular Building UG und ZERT erarbeiten.
Wie steht der Verband dazu, dass Bauen in Deutschland Ländersache ist und jedes Bundesland eine eigene Landesbauordnung verabschiedet?
Dr. Roman Rupp: Eines der wichtigsten Ziele schon bei der Gründung des DIvB war die Vereinheitlichung der Landesbauordnungen. Das gehört praktisch zu unserer DNA. Entsprechende Projekte und Initiativen haben wir mit dem Fachwissen unserer Mitglieder begleitet. Die von Vertretern der Länder und des Bundes ausgehandelte Musterbauordnung (MBO) ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Leider nehmen die Länder bei ihrer Umsetzung in ihr spezifisches Baurecht immer noch kleinteilige Anpassungen vor. Ohne die Motive zu bewerten, führt das in der Praxis zu zahlreichen Abweichungen.
Dazu ein Beispiel: In Berlin-Zehlendorf läuft die Landesgrenze zu Brandenburg mitten durch die Bebauung. Obwohl die Grundstücke direkt aneinander angrenzen, müssen Architekten, Brandschutzsachverständige und Fachplaner nicht nur ermitteln, welche Landesbauordnung im Einzelfall gilt, sie müssen die jeweiligen Besonderheiten auch kennen, um sie richtig anzuwenden.
Eine bundesweite Vereinfachung des Baurechts würde sich daher nach unserer Überzeugung beschleunigend und kostensenkend auswirken, ohne negative Auswirkungen auf das Schutzniveau der Bürgerinnen und Bürger insbesondere in Bezug auf den Brandschutz zu haben. Da sehen wir durchaus Anknüpfungspunkte für Gespräche mit der neuen Bundesregierung, die sich ja in ihrem Koalitionsvertrag unter anderem die Verkürzung von Genehmigungsverfahren vorgenommen hat.
Deutsches Institut für vorbeugenden Brandschutz e.V. (DIvB)
Das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz e.V. (DIvB) ist Partner von Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft in allen Fragen rund um den vorbeugenden Brandschutz im baulichen, anlagentechnischen und organisatorischen Bereich. Durch die Bündelung aktuellen brandschutztechnischen Fachwissens, die Unterstützung wissenschaftlicher Forschung und Bildung und die Förderung des Erfahrungsaustausches zwischen in- und ausländischen Brandschutzexperten leistet das DIvB einen Beitrag zur baulichen und betrieblichen Sicherheit. Dabei stehen die Interessen von Planern, Errichtern, Brandschutzbeauftragten und Brandschutzfachbetrieben sowie der Brandschutzhersteller im Mittelpunkt.
Die Vision des DIvB ist es, die Kräfte der Brandschutzverbände zu bündeln, um den berechtigten Interessen unserer Branche in Verwaltungen, Ministerien, der Politik und der allgemeinen Öffentlichkeit angemessenes Gehör zu verschaffen. Wir sehen uns als Initiator und Treiber der Entwicklung eines fachlich breit aufgestellten Brandschutzverbandes von Wirtschaftsakteuren der Brandschutzbranche.
Das Interview ist in Ausgabe 1.2022 des FeuerTrutz Magazins (Februar 2022) erschienen.
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