Nach dem Grundsatzpapier der Fachkommission Bauaufsicht "Rettung von Personen und wirksame Löscharbeiten" von 2008 können wirksame Löscharbeiten auch dann vorliegen, wenn der gesamte Brand- bzw. Brandbekämpfungsabschnitt ausbrennt. Bei Planer*innen und Prüfsachverständigen findet sich in letzter Zeit vermehrt die Idee, dass deshalb auf baurechtlich erforderliche Trennwände verzichtet werden kann.
Die vorliegenden Erläuterungen stellen aus Sicht der Verfasser des Grundsatzpapiers klar, dass dies gerade nicht intendiert war. Gabriele Famers und Joseph Messerer haben sie mit der Projektgruppe Brandschutz und dem Fachausschuss "Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz" der deutschen Feuerwehren (AGBF Bund und DFV) abgestimmt.
Unter dem Titel "Grundsätzliche Schutzziele" erschien bereits im FeuerTrutz Magazin Ausgabe 2.2009 der Grundsatzbeitrag von Gabriele Famers und Joseph Messerer zur Auslegung der Begriffe "Rettung von Personen" sowie "wirksame Löscharbeiten", der die Inhalte des Papiers "Grundsätze zur Auslegung des § 14 MBO" in kompakter Form zusammenfasste.
Das Papier wurde von der Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz (ARGEBAU) veröffentlicht und dient seit 2008 der Erläuterung und Klarstellung der beiden genannten und in § 14 der Musterbauordnung (MBO) aufgeführten Ziele des Brandschutzes – insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen zur Rauchableitung in den bauordnungsrechtlichen Vorschriften.
In dem Papier "Grundsätze zur Auslegung des § 14 MBO" steht unter dem Punkt "Wirksame Löscharbeiten ermöglichen" u. a. Folgendes (den kompletten Absatz lesen Sie im Infokasten):
"Müssen aufgrund der Brandentwicklung beim Eintreffen der Feuerwehr einzelne, brandschutztechnisch abgetrennte Räume, die Nutzungseinheit, der Brandabschnitt/Brandbekämpfungsabschnitt oder das Gebäude aufgegeben werden, können aber die benachbarten Räume/Nutzungseinheiten/Brandabschnitte/Brandbekämpfungsabschnitte/Gebäude durch den Feuerwehreinsatz geschützt werden, handelt es sich gleichwohl im bauordnungsrechtlichen Sinn um ‚wirksame Löscharbeiten‘."
Dieser Passus führte jedoch seit seiner Veröffentlichung über Jahre hinweg immer mehr zu der Annahme, dass aus baurechtlicher Sicht auf Trennwände mit Feuerwiderstandsdauer verzichtet werden kann, da sich das Feuer auf den gesamten Brandabschnitt ausdehnen darf.
Auszug "Grundsätze zur Auslegung des § 14 MBO"
Das komplette Papier kann unter is-argebau.de heruntergeladen werden.
II "Wirksame Löscharbeiten ermöglichen"
- Das Bauordnungsrecht ermöglicht wirksame Löscharbeiten grundsätzlich dadurch, dass die Feuerwehr eine bauliche Anlage von der öffentlichen Verkehrsfläche aus ungehindert erreichen und die Rettungswege als Angriffswege nutzen kann, durch die Standsicherheit im Brandfall für eine bestimmte Zeit, durch die Schaffung von Brandabschnitten und dadurch, dass ggf. Löschanlagen zur Verfügung stehen.
- Das Bauordnungsrecht stellt keine Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Feuerwehr, geht aber von einer den örtlichen Verhältnissen entsprechend funktionsfähigen Feuerwehr aus.
- Das Bauordnungsrecht lässt nur einen zeitlich eingeschränkten Feuerwehreinsatz innerhalb einer baulichen Anlage zu, der durch die vorgegebene Standsicherheit der Anlage im Brandfall bestimmt wird.
- Müssen aufgrund der Brandentwicklung beim Eintreffen der Feuerwehr einzelne, brandschutztechnisch abgetrennte Räume, die Nutzungseinheit, der Brandabschnitt/Brandbekämpfungsabschnitt oder das Gebäude aufgegeben werden, können aber die benachbarten Räume/Nutzungseinheiten/Brandabschnitte/Brandbekämpfungsabschnitte/Gebäude durch den Feuerwehreinsatz geschützt werden, handelt es sich gleichwohl im bauordnungsrechtlichen Sinn um „wirksame Löscharbeiten“.
- Dass bauordnungsrechtlich in bestimmten Fällen Öffnungen zur Rauchableitung oder Rauchabzugsanlagen verlangt werden, trägt der Erfahrung Rechnung, dass solche Öffnungen/Anlagen – selbst wenn dafür keine quantifizierte Entrauchungswirkung vorgegeben ist – die Feuerwehr bei ihrer Arbeit unterstützen.
Hintergrund des Passus
Zur Klarstellung wird auf die Entstehung dieser Zeilen näher eingegangen: Als das Thema in der Projektgruppe Brandschutz zur Debatte stand, war in Feuerwehrkreisen eine Sichtweise weitgehend verbreitet, die von der Meinung des Baurechts erheblich abwich.
Die Feuerwehren vertraten den Standpunkt, dass "wirksame Löscharbeiten" sich dadurch auszeichnen, dass das Feuer auf den beim Eintreffen der Feuerwehr vorgefundenen Umfang begrenzt wird.
Die Bauaufsichtsbehörden waren dagegen der Auffassung, dass wirksame Löscharbeiten im Sinne der Bauordnung auch dann gegeben sind, wenn der Brandherd auf den im Bauordnungsrecht verlangten brandschutzrelevanten Abschnitt begrenzt wird.
Dies ist vor allem die Nutzungseinheit, die durch Trennwände von anderen Nutzungseinheiten oder Räumen abgetrennt wird. Sofern es der Feuerwehr im Einzelfall jedoch nicht möglich ist, die Brandausbreitung auf die Nutzungseinheit zu begrenzen, wird aus bauordnungsrechtlicher Sicht auch dann noch von einer wirksamen Brandbekämpfung gesprochen, wenn sich das Feuer zwar weiter ausdehnt, aber auf den Brandabschnitt bzw. Brandbekämpfungsabschnitt begrenzt wird. Da nicht jedes Gebäude in mehrere Brandabschnitte unterteilt ist, kann auch dann noch von einer wirksamen Brandbekämpfung ausgegangen werden, wenn das Gebäude dem Brand zum Opfer fällt, die Nachbarschaft jedoch nicht in Mitleidenschaft gezogen wird.
Fazit: Kein Verzicht auf feuerwiderstandsfähige Trennwände
Die bauordnungsrechtlich verlangten abschottenden Bauteile wie Trennwände dienen vor allem der Einschränkung der Brandausbreitung und sind damit eine Voraussetzung dafür, dass wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Annahme, dass auf feuerwiderstandsfähige Trennwände innerhalb von Brandabschnitten (z. B. Trennwände von Nutzungseinheiten) verzichtet werden kann, widerspricht eindeutig dem Baurecht und auch dem Anliegen des Grundsatzpapiers.
An eine Aufweichung des Baurechts mittels des o. g. Satzes war nie gedacht: Der Text sollte den unbestimmten Rechtsbegriff "wirksame Löscharbeiten" einheitlich (für Bauaufsicht und Feuerwehr) definieren.