Wie Fachplaner für den vorbeugenden Brandschutz und andere am Brandschutz Beteiligte das Haftungsrisiko richtig einschätzen und von Experten absichern lassen können.
Von Matthias Wendt. Wenn die Frage nach dem Haftungsrisiko für Architekten, Ingenieure, Fachplaner, Gutachter und (Prüf-)Sachverständige aufkommt, wird immer Bezug auf die einschlägigen Rechtsgrundlagen genommen:
- Werkvertragsrecht nach § 631 ff BGB für die Architekten- und Ingenieurverträge,
- VOB/B Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen,
- HOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure und
- die jeweiligen Landesbauordnungen.
An der Vielzahl der Beteiligten und Rechtsgrundlagen ist schon erkennbar, dass Haftungsfragen beim Brandschutz komplex sein können und nicht immer von allen Beteiligten im Vorhinein sicher abschätzbar sind. Wer schuldet also wem eine mangelfreie Leistung auf der Basis welcher Rechtsgrundlagen, und welche Haftung lässt sich daraus für die Beteiligten ableiten? Die planenden Architekten/Ingenieure müssen sich bewusst sein, dass die rechtliche Grundlage ihres Handelns und der daraus resultierenden Pflichten und Verantwortlichkeiten i.d.R. ein Werkvertrag gemäß § 631 BGB ist.
Dieser ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass der Auftragnehmer anstatt seiner bloßen Tätigkeit den Erfolg schuldet. Mit anderen Worten: Derjenige, der einen Werkvertrag schließt, muss sich über das Risiko der damit verbundenen Erfolgsschuld im Klaren und der konkreten Auswirkungen bewusst sein.
Beispiel: Rückbaukosten nach mangelhaftem Gutachten
Im betreffenden Fall entsprach der Plan für das Bauvorhaben nicht den Anforderungen des Bauordnungsrechts. Der beauftragte Brandschutzsachverständige stellte dem Bauherrn trotzdem den benötigten Brandschutznachweis aus, da er keine Einwände gegen die abweichende Lösung hatte. Die Bauaufsichtsbehörde akzeptierte den Nachweis nicht, der aber inzwischen baulich bereits umgesetzt war. Durch den notwendigen Rückbau entstanden Kosten von 8.000 Euro. Der Bauherr verklagte den Brandschutzsachverständigen auf Zahlung von Schadenersatz.
Da das Verschulden des Sachverständigen unstreitig war, beschäftigte die Richter des Oberlandesgericht (OLG) Köln vor allem die Frage, ob hier eine Haftung als Auftragnehmer gemäß Werkvertragsrecht (BGB) besteht, also nach Privatrecht und damit mit einem höheren Haftungsrisiko, oder ob die Amtshaftung gilt, bei der der Sachverständige als Beauftragter der Bauaufsicht tätig gewesen wäre. Die Richter entschieden, dass ein privatrechtliches Vertragsverhältnis bestanden hatte – somit haftete der Sachverständige nach dem Werkvertragsrecht (OLG Köln, Urteil vom 04.05.2016, Az. 16 U 129/15). Das interessante an diesem Fall ist neben der Unterscheidung zwischen Schuld und Haftung jedoch, dass das Gericht sich mit der Beurteilung der Höhe des Haftungsrisikos beschäftigt hat. Gemäß dem Urteil des OLG Köln ist es also für die Höhe des Haftungsrisikos eines Brandschutzsachverständigen relevant, ob er der Amtshaftung (hoheitlich) oder dem Werkvertragsrecht (privatrechtlich) unterliegt. Zusätzlich beeinflusst die Höhe des Haftungsrisikos eines Brandschutzsachverständigen, soweit er privatrechtlich tätig ist, ob er Werkverträge oder Dienstverträge schließt. Bei Gutachtern und Sachverständigen, die durch die Bauaufsicht mit der Überprüfung von Brandschutzkonzepten beauftragt wurden, bezieht sich die Haftung wesentlich auf die Amtshaftung nach den §§ 839 ff-BGB.
Die Berufshaftpflichtversicherung
Jeder Architekt, Ingenieur, Gutachter oder Sachverständige haftet für etwaige Schäden Dritter, die aus seinem Tun und/oder Unterlassen resultieren, persönlich und unbegrenzt. Somit kann es durchaus zu existenzbedrohenden Schadenersatzansprüchen kommen. Eine Versicherung, die vor den Folgen einer fehlerhaften Leistung schützt, kann daher sinnvoll sein und ist zum Teil gesetzlich vorgeschrieben (s.u.). Zusätzlich schützt eine in dieser Versicherung enthaltene „passive Rechtsschutzfunktion“ vor unberechtigten Schadenersatzansprüchen.
Denn der Versicherer prüft grundsätzlich zunächst die Haftung und fungiert somit quasi als ausgelagerte Rechtsabteilung. Die deutsche Versicherungswirtschaft klassifiziert bei der Berufshaftpflichtversicherung für Architekten, Bauingenieure, Beratende Ingenieure, Gutachter und Sachverständige verschiedene Risikogruppen. Diese Klassifizierung dient der Beitragsfindung und der Beitragsgerechtigkeit. Je höher die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines potenziellen Haftungsrisikos und je höher die daraus resultierenden Schadenersatzansprüche sind, desto höher fällt der Beitrag für die Berufshaftpflichtversicherung aus. Architekten, Generalplaner sowie Bauingenieure, die bauvorlageberechtigt sind, werden aufgrund der ihnen zuzuordnenden gesamtschuldnerischen Haftung in die höchste Risikogruppe eingestuft. Daher sehen die Landesbauordnungen auch eine Pflicht zum Abschluss und Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung für die bauvorlageberechtigten Personen vor. Ihnen folgen die Baugrundgutachter/Geologen, die Ingenieure im Maschinen- und Anlagenbau sowie die Umweltingenieure. Die dritte Risikogruppe ist die umfangreichste. In ihr finden sich alle sonstigen Beratenden Ingenieure wieder, also z.B. Statiker/Tragwerksplaner, Ingenieure für die technische Gebäudeausrüstung, Straßen- und Tiefbauplaner, Ingenieure im Brückenbau, Vermessungsingenieure und auch Ingenieure und Sachverständige für den vorbeugenden Brandschutz. Die vierte Gruppe mit dem niedrigsten Risiko sind die Bausachverständigen, Gutachter für Bauschäden sowie alle hoheitlich tätigen Prüfsachverständigen und Prüfingenieure. Brandschutzplaner, -gutachter und -sachverständige werden oftmals im Haftungsrisiko, aber auch in der Höhe der möglichen Schadenersatzansprüche mit vielen Berufskollegen gleich- gestellt – oder auch negativ gesagt: in einen Topf geworfen. Bei näherer Betrachtung wird dabei jedoch nicht berücksichtigt, dass diese Gruppen zwar planerisch und bauleitend tätig sind, aber auch viele Leistungen erbringen, die eindeutig dem Bereich der Gutachter und Sachverständigen zuzuordnen sind.
Genau da setzen differenzierte Versicherungslösungen mit einer Einstufung für die Architekten, Ingenieure, Gutachter und Sachverständigen für den vorbeugenden Brandschutz an, die dem tatsächlichen Haftungsrisiko dieser Gruppe gerecht werden.
So unterscheidet die bpa bau-plan-assekuranz Versicherungsmakler GmbH & Co.KG z.B. folgende zwei Risikostufen:
Hohes Risiko:
- Planerische Leistungen wie das Aufstellen von Brandschutzkonzepten und Brandschutznachweisen
- Fachbauleitung/Bauüberwachung (Überwachung der baulichen Umsetzung der Brandschutzplanung)
Niedriges Risiko:
- Hoheitliche Prüf- und/oder Sachverständigentätigkeit (Prüfung der Nachweise des Brandschutzes und stichprobenhafte Überwachung der Bauausführung entsprechend den geprüften Nachweisen)
- Gutachter- und Sachverständigentätigkeiten wie z.B. Brandlastenermittlungen, Brandursachenermittlungen und Beweissicherungsverfahren, Brandsimulationen, Heißrauchversuche und diverse Brandversuche und Gerichtsgutachten
- Organisatorischer Brandschutz wie z.B. Brandschutzordnungen, Flucht- und Rettungspläne, Feuerwehrpläne, Evakuierungskonzepte, Entrauchungskonzepte und Bestuhlungspläne
- Sonstige Tätigkeiten (insbesondere die Tätigkeit als externer Brandschutzbeauftragter, Schulungen und Unterweisungen zum Thema Brandschutz, Brandschutzhelferausbildungen und die Tätigkeit als Fachkraft für Arbeitssicherheit)
Die Beitragsberechnung der Berufshaftpflichtversicherung orientiert sich grundsätzlich am Jahreshonorarumsatz. Dabei wird der Beitragssatz je 1.000 Euro Umsatz durch die folgenden Größen beeinflusst:
- die Höhe der Deckungssummen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden bis zu der der Versicherer je Schadenfall maximal Schadenersatz leistet,
- die Höhe der vertraglichen Selbstbeteiligung, die der Versicherungsnehmer je Schadenfall trägt, und
- die Vertragsdauer.
Dieses Sonderkonzept berücksichtigt zusätzlich, wie hoch die Anteile der Jahresleistungen im Bereich "Hohes Risiko" und "Niedriges Risiko" sind. Je mehr Umsatz durch Leistungen aus dem Bereich "Niedriges Risiko" erzielt wird, desto höher werden die Nachlässe, die gewährt werden.
Bis zu 30 % zusätzlicher Rabatt auf den Beitragssatz können so erzielt werden. Positiv ist, dass der Risikobeitrag grundsätzlich nicht teurer, sondern ausschließlich günstiger werden kann. Es werden also keine Risikozuschläge erhoben, wenn ein Brandschutzplaner ausschließlich Leistungen aus dem Bereich „Hohes Risiko“ erbringt.
Fazit
Nicht alle am Bau Beteiligten kennen ihre Haftungsrisiken, können sie richtig einschätzen und in der Folge zielgerichtet absichern. Dabei existieren an die unterschiedlichen Rollen und Risiken von Brandschützern angepasste Berufshaftpflichtversicherungen, die besser zu den Bedürfnissen und dem Risikoprofil der Branche passen als der Standard.
Autor
Matthias Wendt: Versicherungsfachwirt, Geschäftsführer bpa bau-plan-assekuranz Versicherungsmakler GmbH & Co. KG Hamm
Der Artikel ist in Ausgabe 3.2020 des FeuerTrutz Magazins (Juni 2020) erschienen.