Die Sicherheit von Fluchtwegen ist eine Grundvoraussetzung für die Wahl von Türen in deren Verlauf. Dabei stellen die Gegebenheiten vor Ort und die Gebäudenutzung die Weichen für die Funktionalität der Türen. Was dabei berücksichtigt werden sollte, zeigt dieser Beitrag.
Von Alexander Gürkan. Wenn Türen in Fluchtwege eingebaut werden, müssen diese nach außen (bzw. in Fluchtrichtung) aufschlagen, sich jederzeit leicht und über die gesamte Breite öffnen lassen und dürfen keine Schwelle haben (maximale Höhe: 5 mm). Schließlich ist sicherzustellen, dass Menschen selbst in Panik fliehen können. Oft kommen weitere Aspekte hinzu – und damit steigt der Komplexitätsgrad bei der Planung einer Fluchttür: Ästhetik lässt sich noch vergleichsweise einfach umsetzen, Brand- und Rauchschutz sind naheliegende Qualifikationen. Besonders knifflig wird es, wenn der Durchgang auch gegen Einbruch zu schützen ist – dann prallen die Anforderungen "sofort öffenbar" und "kein Durchkommen" aufeinander.
Blick auf die Normen
Schon die Zahl der Normen, die bei Türen in Fluchtwegen eine Rolle spielen, zeigt: Das ist eine Aufgabe für Fachleute. Und es ist wichtig, stets auf dem aktuellen Normungsstand zu bleiben. Derzeit ersetzen die neuen "Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmung (VV TB)" die ehemalige Bauregelliste des DIBt. Da dies Länderhoheit ist, wird die Planung wieder aufwendiger, zumindest für die, die in mehreren Bundesländern aktiv sind.
Einfluss haben u. a. folgende Normen bzw. Verordnungen:
- EN 179 – Notausgangsverschlüsse
- EN 1125 – Panikverschlüsse
- EN 14351-1 – Außentüren (Produktnorm)
- EN 14351-2 – Innentüren (neue Produktnorm ab Q2/2019)
- EN 16034 – Produktnorm FSA
- DIN 4102-18/europäisch: EN 1191 – Fenster- und Türen-Dauerfunktionsprüfung – Prüfverfahren
- DIN 4102- 5/europäisch: EN 1634 – 1 (Brandschutz)
- DIN 18 095/europäisch: EN 1634 – 3 (Rauchschutz)
- Landesbauordnungen und landesspezifische VV TB
- Betriebsstätten-Verordnung
- DIBt-Richtlinien für Feststellanlagen
Anforderungen an Türen in Fluchtwegen
Erste Anforderung ist die Größe der Tür. Je mehr Personen im schlimmsten Fall flüchten müssen, desto breiter muss der Durchgang sein (selbstverständlich gilt das Gebot der Schwellenfreiheit). Auch der Gebäudetyp beeinflusst die Fluchtwegsplanung – in gewerblich genutzten Bauwerken gelten z. B. über die Betriebsstätten-Verordnung weitere Auflagen, und einige Landesbauordnungen (LBO) legen Mindesthöhen für Durchgänge in öffentlichen Gebäuden fest (z. B. Berlin: lichter Durchgang min. 2.000 mm, Baurichtmaßhöhe min. 2.125 mm). Zu unterscheiden ist zudem zwischen Gebäuden, in die nur autorisierte Personen Zutritt haben, und öffentlich zugänglichen Bauwerken: Wer sich in "seinem" Gebäude auskennt (z. B. am Arbeitsplatz), reagiert bei Gefahr eher rational als bei Ortsunkenntnis. Im zweiten Fall muss das Gebäude so ausgerüstet sein, dass jeder sofort und intuitiv den nächsten Ausgang ansteuern und diesen problemlos öffnen kann. Wichtig ist, dass jeder die Tür in Fluchtrichtung ohne Schlüssel oder andere Hilfsmittel öffnen können muss.

Vor der Festlegung von Feuerwiderstandsklasse, Elementgröße (lichte Breite), Rauchschutz etc. ist also zunächst eine genaue Analyse der länderspezifischen und bauwerkstypologischen Aspekte notwendig.
Mit der Wahl der Tür ist es noch nicht getan: Auch die Beschläge sind unter dem Gebot der Fluchtwegssicherung zu definieren. Dafür kommen nur Drücker-Schloss-Kombinationen (bzw. Panikstangen-Kombinationen) infrage, die als Einheit geprüft sind. Je nach Bauprojekt gelten die Eckwerte für Not- bzw. für Panikausgänge – im Panikfall reichen konventionelle Türdrücker nicht aus. Dann bewähren sich Panikstangen. Besonders elegant sind "Touchbars": Sie laufen über die gesamte Türbreite, stehen aber im Gegensatz zu konventionellen Stangengriffen rund ein Drittel weniger in den Raum. Diese Technik ist bereits nach der EN 1125 für Fluchtwege zugelassen. So bleibt vor der Tür mehr Platz, und an der kompakten Bauform kann sich nichts verhaken. Immer häufiger wird zusätzlich zum Feuerschutz auch Rauchschutz gefordert oder durch die Bauordnungen vorgegeben.
Die Kombination von Feuer- und Rauchschutz kann mittlerweile als Stand der Technik angesehen werden und sollte möglichst auch immer so umgesetzt werden, um optimale Sicherheit zu gewährleisten. Selbst wenn nur eine dieser Leistungseigenschaften gefordert ist, sollte geprüft werden, ob nicht doch die Kombination zum Einsatz kommt. Es ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass ein Gericht im Streitfall die Kombinationsvariante als "allgemein anerkannte Regel der Technik" wertet – und dann trotz Einhaltung aller Normen sogar ein Regress möglich wird.
Besonderheiten bei Außentüren
Gerade bei Außentüren kommt es zum Interessenkonflikt zwischen der Fluchtvorgabe "unverschließbar" und Zugangskontrolle bzw. Einbruchschutz. Eine einfache Lösung ist ein Knauf anstelle des Drückers auf der Außenseite. Selbstverriegelnde Anti-Panikschlösser (SVP) bieten höheren Einbruchschutz bis zur Widerstandsklasse RC4: Derart ausgestattete Türen lassen sich von innen einfach über den Türdrücker öffnen, schließen dann selbsttätig und verriegeln sofort – je nach Ausstattung auch mit Mehrfachriegeln.
Aufwendiger wird es, wenn ein Fluchtweg gewöhnlich geschlossen ist und nur im Brand- oder Panikfall als Ausgang dient. Beispiele finden sich in Kaufhäusern: Damit Diebe nicht einfach mit der Ware durch den Notausgang marschieren, sind zusätzliche Sicherheitsmodule erforderlich: Alarmanlagen, die das Öffnen einer Tür melden und geschützt liegende Fluchttüröffner, die das "versehentliche" Öffnen verhindern, sind geeignete Schutzvorrichtungen.
Mit elektronischen Steuereinheiten lassen sich noch individueller abgestimmte Lösungen realisieren wie zeitabhängig freigegebene bzw. geschlossene Türen. Beispiel Kindergarten: Der freie Zugang wird auf die Bringzeiten am Morgen und die Abholzeiten am Mittag beschränkt, vormittags bleibt die Tür verschlossen. Das schützt vor unkontrolliertem Zutritt und verhindert, dass die Kinder den Kindergarten allein verlassen. Ein entsprechend hoch montierter Taster erlaubt das Öffnen der Tür von innen.
Besonderheiten bei Innentüren

Auch bei Innentüren kommt oft der Zugangsschutz als Zusatzfunktion hinzu. Auch dazu ein Beispiel: Fluchtwege können durch Gebäudeteile führen, die im Normalbetrieb nur von ausgewählten Mitarbeitern betreten werden dürfen. Bei einer Katastrophe muss der Durchgang jedoch für jeden sofort frei sein. Für dieses Profil gibt es Zugangskontrolle mit Fluchtweg-Terminal: Ist er "scharf", ist die Tür verschlossen und nur durch Schlüssel oder Chipkarte zu entsperren. Im Notfall lässt sich ein Deckel am Terminal einschlagen. Das unterbricht die Scharfstellung – die Tür lässt sich öffnen, löst aber auch sofort Alarm aus.
Anders ist der Fall gelagert, wenn ein Feuerschutzabschluss im Normalbetrieb offen stehen soll. Beispiel: Flure in Altenheimen und Krankenhäusern. In diesen Fällen eignen sich Feststellanlagen mit autarker Rauch-/Branderkennung, die die Flügel bei Feuer selbstständig schließen. Liegen die Türen im Fluchtweg, gelten die Normen für die Öffenbarkeit des Durchgangs zusätzlich. Generell sind dann Verschlüsse einzusetzen, die die Tür auch ohne elektrische Energie brandschutztechnisch zuhalten. "Fluchttüröffner" sind sowohl als Hauptschloss als auch als Zusatzverriegelung möglich.
Ausblick
Die Digitalisierung im Allgemeinen und das Smart Home im Speziellen treiben die Entwicklung auch bei Fluchttüren voran. BUS-Systeme binden Türen in Facility-Management-Systeme ein. Zugangskontrolle geht schon heute auch mit Iris-Kennung. Montagesysteme mit einer Arbeitsspannung von 12/24 Volt dürfen auch von Nichtelektrikern installiert werden; damit können Verarbeiter umfassende "Alles-aus-einer-Hand-Angebote" formulieren (die Tür ist dann nur bauseitig von einer Elektrofachkraft an das Stromnetz anzuschließen).
Autor
Dipl.-Ing. Alexander Gürkan: Leiter Entwicklung Türen bei Teckentrup in Verl
Der Artikel ist in Ausgabe 2.2019 des FeuerTrutz Magazins (März 2019) erschienen. Noch kein Abonnent? Testen Sie das FeuerTrutz Magazin im Mini-Abo mit 2 Ausgaben!