Das Bild zeigt ein mehrstöckiges Holz-Parkhaus mit einer begrünten Außenfassade
Abb. 1: Neubau des Parkhauses im Schwanenweg in Wendlingen am Neckar (Quelle: Rendering von moka studios)

Planung | Ausführung 2024-10-30T23:00:00Z Brandschutz für ein Holzparkhaus

Parkhäuser aus Holz sind eine innovative und umweltfreundliche Alternative zu den traditionellen Parkhäusern aus Stahl oder Beton. Sie bieten eine Reihe von Vorteilen, die vor allem von Themen der Nachhaltigkeit und Zirkularität geprägt sind. Der Beitrag stellt die Umsetzung von Holz im Parkhausneubau Wendlingen vor und geht dabei u. a. auf die Robustheit und Skalierbarkeit von Holzkonstruktionen ein.

Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der CO2 bindet und zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks beiträgt. Holz als Material hat eine große chemische Beständigkeit, z. B. gegenüber Tausalzen oder Abgasen, und ist nach Rückbau wiederverwendbar. Darüber hinaus wird durch Vorfertigung die Bauzeit verkürzt, das Gebäude ist schneller verfügbar. Nicht zuletzt können Holzkonstruktionen das städtische Umfeld visuell aufwerten und bieten eine ansprechende Architektur.

Auf dem Foto ist eine Baustelle zu sehen, auf der ein modernes Bürogebäude mit mehreren Stockwerken und Gerüstkonstruktionen errichtet wird.
Abb. 2: Aufgrund des starken Vorfertigungsgrads der Bauteile betrug die Bauzeit nur 16 Wochen. (Quelle: Reinhard Eberl-Pacan)

Das hier vorgestellte Beispiel für die Verwendung von Holz in einem Parkhausbau ist der Neubau des Parkhauses im Schwanenweg in Wendlingen am Neckar (siehe Abb. 1), einer oberirdischen offenen Großgarage überwiegend als Massivholzkonstruktion. Die Unterzüge aus Brettschichtholz (BSH), Decken aus Brettsperrholz (BSP) und Stützen – teilweise aus Baubuche – sorgen für einen Holzanteil von 47 %. Bodenplatte, Treppentürme und Rampen als Stahlbeton-Fertigteilen tragen ohne Berücksichtigung der Stahlverbindungsmitteln (14 %) und der Bewehrung (8 %) nur noch zu 31 % zum Gesamtmaterialverbrauch bei. Die hohe Festigkeitsklasse der Baubuche von „GL 75“ ist besonders für schlanke Konstruktionen mit großen Lasten und Spannweiten geeignet. Aufgrund des starken Vorfertigungsgrads der Bauteile konnte der Bau innerhalb von 16 Wochen fertiggestellt werden (siehe Abb. 2).

Ein Knotenpunkt der Mobilität

Das von der Stadtverwaltung Wendlingen am Neckar beauftragte und von den Architekten Herrmann + Bosch umgesetzte Holzparkhaus Wendlingen bietet neben 349 Stellplätzen für Kraftfahrzeuge – davon 20 mit E-Ladestationen – Platz für 221 Fahrräder, fünf Lastenräder, zwei Reparaturstationen und vier Akkuschließfächer.

Man sieht einen Gebäudeplan. Das Gebäude ist ca. 56, 70 m lang, 41,70 m breit und ca. 18, 50 m hoch.
Abb. 3a: Das Gebäude ist ca. 56,70 m lang, 41,70 m breit und ca. 18,50 m hoch. (Quelle: hermann + bosch architekten)

Es befindet sich im Bereich Schwanenweg/ Heinrich-Otto-Straße, einer wichtigen Fußgängerachse zwischen dem Bahnhof und dem „OTTO-Quartier“, einem denkmalgeschützten Industrieareal, das auf der Grundlage einer Rahmenplanung revitalisiert und teilweise mit Neubauten ergänzt werden soll. Aufgrund seiner Nähe zu wichtigen Nahtstellen des Verkehrs wie dem Bahnhof oder dem Busbahnhof soll es den Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen (Park&Ride). Abgestellte Elektroautos können an Ladestellen zeitsparend „aufgetankt“ werden.

Architektonische Zeichnung des Parkhauses Schwanenweg in Wendlingen am Neckar mit seitlicher Ansicht und Schnitt M 1:200.
Abb. 3b: Das Gebäude besteht aus fünf oberirdischen offenen Parkebenen mit einem zentralen Rampensystem. (Quelle: hermann + bosch architekten)

Das ellipsenförmige Gebäude mit gerundeten Ecken besteht aus fünf oberirdischen offenen Parkebenen mit einem zentralen Rampensystem. Es ist ca. 56,70 m lang, ca. 41,70 m breit und ca. 18,50 m hoch (siehe Abb. 3). Die Geschosshöhe beträgt ca. 3,60 m und die lichte Raumhöhe unter den Unterzügen ca. 2,35 m. Gemäß den heutigen Anforderungen an Parkkomfort und um eine freie Anordnung der Stellplätze auch für breitere Fahrzeuge umsetzen zu können, werden stützenfreie Stellplätze vorgesehen.

Aus der Länge der beidseitig angeordneten Stellplätze von je 5,00 m und der Breite der Fahrbahn von 6,50 m ergibt sich eine freie Spannweite der Unterzüge von 16,50 m. Aufgrund dieser großen Spannweite beträgt die Trägerhöhe ca. 80 bis 110 cm (siehe Abb. 4).

Brandschutz abseits der Garagenverordnung

Das Bild zeigt die Innenansicht eines modernen Gebäudes mit einer Holzkonstruktion.
Abb. 4: Die freie Spannweite der Unterzüge von 16,50 m bedingte eine Trägerhöhe von ca. 80 bis 110 cm. (Quelle: herrmann+bosch architekten)

Oberirdische Garagen (Gebäude zum Abstellen von Kraftfahrzeugen) ohne Aufenthaltsräume in den Obergeschossen sind regelmäßig der GK 3 zuzuordnen, da die Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, im Mittel weniger als 7 m über der Geländeoberfläche liegt. Hinsichtlich des Brandschutzes sind sie nach LBO [1] keine Sonderbauten, trotzdem werden nach LBO § 38 (2) zur Erfüllung der Grundanforderungen an diese baulichen Anlagen nach VwV TB [2] Abschnitt A 2.1.17 besondere Anforderungen gestellt, die derzeit in der GaVO geregelt sind.

Entsprechend § 6 dieser GaVO müssen tragende Bauteile mehrgeschossiger offener Großgaragen in Bezug auf das Brandverhalten nichtbrennbar (A) oder feuerbeständig (F90-B) sein – eine Bestimmung, deren Logik sich nicht vollständig erschließt. Als Brandschutzplaner waren wir von Anfang an bestrebt, auch im Hinblick auf das vorliegende Gebäude der Gebäudeklasse (GK) 3 und die nachhaltige Zielsetzung, abweichend von der GaVO ein ausreichendes Sicherheitsniveau für die ca. 14,80 m (oberste Ebene für Stellplätze) hohe Garage zu schaffen. Entsprechend den Schutzzielen des § 15 der LBO wird der „Entstehung eines Brandes“ unabhängig von der Materialwahl in Garagen durch entsprechende technische (Fahrzeuge) oder organisatorische Maßnahmen vorgebeugt. Mangels raumabschließender Bauteile innerhalb der Garage kann der „Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung)“ – ebenfalls unabhängig vom gewählten Baustoff – nur bedingt vorgebeugt werden. Die „Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten“ werden durch zwei fünfgeschossige Treppentürme aus Stahlbeton ermöglicht (siehe Abb. 5).

Architekturplan des Parkhauses mit einer Ellipsenform
Abb. 5: Die „Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten“ werden durch zweifünfgeschossige Treppentürme aus Stahlbeton ermöglicht. (Quelle: Visualisierung: brandschutz plus GmbH)

Herausforderung für die Feuerwehr

Wegen der besonderen Anforderungen und Erleichterungen der GaVO sind überirdische mehrgeschossige offene Großgaragen für die Feuerwehr im Brandfall eine besondere Herausforderung. Die zulässige Bauweise ohne oder ohne definierten Feuerwiderstand bei diesen Gebäuden, soweit sie aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen, wird durch Robustheitsanforderungen kompensiert, die ihren Ursprung in der Europäischen Norm DIN EN 1990 [4] haben.

Diese Robustheit bedeutet u. a., dass es nicht bereits im Falle einer lokalen Schädigung zum (großflächigen) Einsturz der Konstruktionen kommen darf, obwohl Bauteile, für die der Nachweis einer Feuerwiderstandsklasse nicht verlangt wird, (z. B. Bauteile aus Stahl) im Vollbrand mit einer erheblich größeren Wahrscheinlichkeit versagen als Bauteile, für die der Nachweis einer Feuerwiderstandsklasse erforderlich ist.

Dabei muss in jedem Fall die Sicherheit der Einsatzkräfte so berücksichtigt werden, dass bei Brandbekämpfungsmaßnahmen die Rückzugswege nicht durch einstürzende Konstruktionsbauteile gefährdet werden.

Robustheit von Holzkonstruktionen

Analog zu eingeschossigen Industriebauten kann die Robustheit von Bauteilen aus nichtbrennbaren Bauteilen auch für solche in Holzbauweise ermöglicht werden. Dies ist das Ergebnis des „Untersuchungsberichts zu Hallen in Holzbauweise nach MIndBauRL“ [5]. Zum Nachweis der in der in der MIndbauRL[6] geforderten „Robustheit“ wurden nicht für den Brandfall bemessene, tragende und aussteifende Bauteile aus Holz hinsichtlich ihrer Standsicherheit und Stabilität unter Brandbeanspruchung untersucht und im Hinblick auf eine einfache Praxisregelung beurteilt.

Die Untersuchungen zeigen, dass Tragkonstruktion aus Holz, die „kalt“ bemessen sind, brandschutztechnisch als „robuste Konstruktion“ einzustufen sind [7]. Im Vergleich zur Tragfähigkeitsschwächung von Stahlbauteilen durch die Erwärmung ergibt sich die langsame Schwächung der Tragfähigkeit von Bauteilen aus Holz aus den im Brandfall abzumindernden Lasten und der geringen Abbrandgeschwindigkeit des Holzes.

Bewertung durch Brandsimulation

Bild zeigt eine Brandsimulation des Parkdecks
Abb. 6: Entsprechend der durchgeführten Brandsimulation ist nach ca. elf Minuten die Hälfte des Parkdecks von Flammen erfasst. (Quelle: Grafik: IFAB Ingenieure für angewandte Brandschutzforschung)

Aufgrund der unterschiedlichen Höhen und der im Brandfall veränderten Verkehrslasten können die für Industriebauten mit üblichen Höhen und Achsabständen anwendbaren Regelungen zur Robustheit nicht unmittelbar auf Hochgaragen übertragen werden. Zur besseren Abschätzung des hier vorliegenden Brandszenarios wurden daher Brandsimulationen auf der Basis eines CFD(Computational Fluid Dynamics)-Modells durchgeführt. Damit sollte die Feuerwiderstandsfähigkeit insbesondere der tragenden Bauteile bewertet und der Brandverlauf bis zum möglichen Einsturz des Gebäudes ermittelt werden.

Nach dem Bemessungsszenario und der Simulation auf der Basis einer Wärmefreisetzungsrate (HRR) für ein Fahrzeug von max. 7 Megawatt (MW) befindet sich nach ca. zehn Minuten das halbe Parkdeck oberhalb der Zündtemperatur von Holz (etwa 300 °C), und nach ca. elf Minuten ist die Hälfte des Parkdecks von Flammen erfasst (siehe Abb. 6). Unter optimalen Bedingungen und bei einer frühzeitigen Alarmierung der Feuerwehr durch eine BMA kann in diesem Zeitraum mit ersten Löschmaßnahmen gerechnet werden. Der Löscheffekt dieser ersten Maßnahmen wird jedoch noch nicht ausreichend effektiv sein, um eine weitere Ausbreitung der Flammen einzudämmen.

Ein Diagramm zeigt die maximale Wärmefreisetzungsrate (HRR) der Holzkonstruktion von ca. 280 MW
Abb. 7: Maximale Wärmefreisetzungsrate (HRR) der Holzkonstruktion von ca. 280 MW (Quelle: IFAB Ingenieure für angewandte Brandschutzforschung)

Andererseits belegte die Brandsimulation, dass das Tragverhalten der Holzbauteile im Brandfall, das (neben der Temperaturentwicklung im Querschnitt) vor allem durch den Abbrand des äußeren, dem Feuer direkt ausgesetzten Querschnittsbereichs beeinflusst wird, auch bei der ermittelten maximalen Wärmefreisetzungsrate (HRR) der Holzkonstruktion von ca. 280 MW – nach ca. 21 Minuten (siehe Abb. 7) – durch den normierten Wert der Abbrandrate (β n) [8] nach DIN EN 1995-1-2 [9] nachgewiesen werden kann. Also kann mit dem von der Norm vorgegebenen Wert β n von 0,7 mm/Min die ideelle Abbrandtiefe (d ef) z. B. für 60 Minuten Feuerwiderstand ermittelt werden.

Kompensationen in Abstimmung mit der Behörde

Letztlich wurden in Abstimmung mit den Genehmigungsbehörden Erleichterungen von GaVO § 6 (2) hinsichtlich der Feuerwiderstandsfähigkeit von den geforderten 90 Minuten auf 60 Minuten erreicht. Als Kompensation wurden zunächst eine rechtzeitige Branderkennung und Alarmierung, frühzeitige Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr, ausreichende Standsicherheit während der Rettungs- und Löscharbeiten, gesicherte Rettungs-, Angriffs- und Rückzugswege sowie ausreichender Schutz gegen einen Brandüberschlag auf Nachbargebäude gefordert, um insbesondere die Schutzziele Menschenrettung und wirksame Löscharbeiten der Feuerwehr zu ermöglichen. Angesichts der guten Möglichkeiten der Rettung über zwei vertikale bauliche Rettungswege (Treppenräume aus nichtbrennbaren Baustoffen) und der langen Standfestigkeit des Gebäudes (60 Minuten) konnte auf eine Brandmeldeanlage (BMA) mit Aufschaltung auf die Feuerwehr verzichtet werden.

Skalierbarkeit der Holzkonstruktion

Die Auswirkungen der Abbrandberechnung auf die Holzkonstruktion für 60 Minuten blieben aus Sicht der Tragwerksberechnung überschaubar, da ein großer Teil des zusätzlich benötigten Holzquerschnitts durch die reduzierten Anforderungen z. B. an das Schwingungsverhalten des Gebäudes (keine fahrenden oder bremsenden Fahrzeuge) aufgefangen werden konnten.

Fazit

Oberirdische Holzparkhäuser sind aufgrund ihrer ökologischen (Bindung von CO2, Wiederverwendbarkeit) und fertigungstechnischen (Vorfertigung) Vorteile eine Schlüsseltechnologie für die Verkehrswende. In Bezug auf den Brandschutz können sie schutzzielorientiert auch abweichend von den Vorgaben der einschlägigen Verordnungen sicher gestaltet werden. Die Übertreibung in diesen Verordnungen (GaVO) hinsichtlich des Feuerwiderstands für brennbare Baustoffe muss dringend korrigiert werden. Analog zu Stahltragwerken haben Holztragwerke bewiesen, dass sie auch bei Brandeinwirkung ausreichend robust sind, um die Schutzziele hinsichtlich der Tragfähigkeit zu erfüllen und damit Menschen genügend lange Zeiten zur Flucht und Rettung sowie den Einsatzkräften für Löschmaßnahmen gewähren.

Quellen

[1] Baden-Württemberg: Landesbauordnungvom 08.08.1995 (GBl. S. 617), zuletzt geändert am 20.11.2023 (GBl. S. 422)

[2] Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen über Technische Baubestimmungen (Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen – VwV TB) vom 12. Dezember 2022

[3] Verordnung des Wirtschaftsministeriums über Garagen und Stellplätze (Garagenverordnung – GaVO) vom7. Juli 1997, zuletzt geändert am 21. Dezember 2021

[4] DIN EN 1990:2010-12 „Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung“, Abschnitt 2.1

[5] Ingenieurkammer-Bau NRW: „Holz im Industriebau. Untersuchungsbericht zu Hallen in Holzbauweise nach MIndBauRL“. 2017

[6] Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL). Stand Mai 2019

[7] Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL) – Entwurf. Stand September 2018 – Erläuterungen

[8] Ideelle Abbrandrate nach Tab. 3.1, DIN EN 1995-1-2

[9] DIN EN 1995-1-2 | 2010-12 „Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessungfür den Brandfall“

[10] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise (MHolzBauRL) –Entwurf. Fassung 18. September 2023

Der Artikel ist im FeuerTrutz Dossier "Brandschutz im Holzbau" (Oktober 2024) erschienen. Das komplette Dossier ist kostenlos als Download erhältlich.

zuletzt editiert am 29. Oktober 2024