Eine Luftaufnahme eines historischen Bauernhofs mit Fachwerkgebäuden, umgeben von weiten Feldern und Bäumen.
Abb. 1: Vierseitenhof Goldhelm Wülfershausen (Quelle: Goldhelm Schokolade GmbH & Co. KG)

Planung | Ausführung 2025-02-06T12:59:12.386Z Schokofabrik im Bauernhof: Brandschutz, die zarteste Versuchung

Brandschutzkonzept einer Schokoladenmanufaktur in einem umgebauten Vierseitenhof

Die Nutzung vorhandener Gebäude für neue Funktionen gehört zu den häufiger werdenden Aufgaben von Brandschutzplanern. Diese Gebäude können an alle Beteiligten anspruchsvolle Anforderungen stellen. Gleichzeitig ist der Umgang mit dem Bestand ein wichtiger Beitrag zur Einsparung von Ressourcen und zum Erhalt kultureller Identität.

Die Geschichte der Goldhelm Schokoladenmanufaktur begann 2005 in Erfurt im „Haus zum güldenen Helm“ auf der historischen Krämerbrücke. Dort startete der Chocolatier Alex Kühn seine Reise in die Welt der Schokoladenkunst. Mit traditionellen Handwerkstechniken und eigenen Rezepturen begann er handgemachte Schokoladen zu fertigen.

Heute zählt Goldhelm zu den größten Schokoladenmanufakturen Deutschlands. Mit drei Läden in Erfurt, zwei weiteren in Leipzig sowie einem florierenden Onlineshop und über 200 Händlern, die die Produkte deutschland- und europaweit vertreiben, ist Goldhelm weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.

Neues Leben zwischen alten Wänden

Im Einklang mit seiner Philosophie der Nähe zur Natur und regionalen Zutaten erwarb Goldhelm einen Vierseitenhof in Wülfershausen bei Erfurt (Abb. 1). Der 1720 errichtete und mehrfach umgebaute Bauernhof bietet nicht nur Raum für die Schokoladenproduktion, sondern auch die Möglichkeit, in enger Verbindung mit der Natur zu arbeiten und zu leben. Dort können Zutaten direkt vor Ort angebaut und geerntet werden, was den Schokoladen eine besondere Note und Einzigartigkeit verleiht.

Die Neunutzung (Abb. 2) ist ein Beispiel für Nachhaltigkeit durch Nachnutzung eines früher landwirtschaftlich genutzten Vierseitenhofs, für Erhalt traditioneller Kulturlandschaften und Denkmale, Ressourcenschonung durch behutsamen Umgang mit dem Bestand, Wirtschaftlichkeit mit regionaler Wirkung und unternehmerisches Engagement im ländlichen Bereich.

Zwei Pläne, links: Gebäudeplan mit farblich markierten Bereichen für Produktion, Gastronomie, Wohnen und Ferienwohnungen; rechts: der Gebäudeplan mit feuerhemmender Trennung in fünf Abschnitten.
Abb. 2: Nutzung und baurechtliche Gebäudeeinordnung (links) | Abb. 3: Abschnittsbildung (rechts) (Quelle: S. Schuttwolf und A. Spindler)

Auch dieser im 18. Jahrhundert errichtete Hof blieb nicht vom Feuer verschont; das Stallgebäude brannte um 1912 vollständig ab. Umso wichtiger erschien es dem Bauherrn, bei einer Neunutzung den Brandschutzanforderungen nachzukommen, denn natürlich brennt auch Schokolade: Schokolade besteht aus organischen Substanzen wie Zucker, Fett und Eiweiß. Fette sind nach Erdöl die energiereichste Verbindungsgruppe. Sie verbrennen bei Entzündung zu Kohlendioxid, Wasser und Stickstoffverbindungen. Mit Brandschutz nichts zu tun hat das „Verbrennen“ von Schokolade im menschlichen Körper – das hat gelegentlich andere Folgen.

Bildung von Abschnitten

Ein Handwerker überprüft die Dachisolierung auf einem Ziegeldach.
Abb. 4: Trennen brennbarer Bauteile (Quelle: S. Schuttwolf)

Der Gebäudekomplex ist durch eine durchgehende Mauerwerks- und Fachwerkkonstruktion geprägt, und auch die hölzerne Dachkonstruktion wird ohne große Unterbrechungen über alle Gebäudeteile geführt. Dies hatte bei derartigen landwirtschaftlichen Objekten oft den Totalverlust bei Brandereignissen zur Folge. Nicht ohne Grund verlangen die Landesbauordnungen zumindest Trennungen zwischen Wohnteilen und landwirtschaftlich genutzten Bereichen (ThürBO, § 33) [1].

Angesichts der Abmessungen des Vierseitenhofs von 76 m Länge und 46 m Breite und der bauzeitlich üblichen Verwendung brennbarer Baustoffe muss der Brandausbreitung vorgebeugt werden.

Ein Dach wird mit neuen Ziegeln und Metallverstärkungen renoviert.
Abb. 5: Ortgang mit Dachlattung aus Stahlblech (Quelle: S. Schuttwolf)

Die nachträgliche Herstellung von hochfeuerhemmenden Brandwänden ist zwar nicht unmöglich, aber unter Beachtung einer Vielzahl von horizontalen Bauteilen (Pfetten, Böden, Lattungen etc.) ein schwieriges und kostenintensives Vorhaben. Eingriffe in die Tragwirkung durchlaufender hölzerner Trägersysteme wären die Folge. Auch die heute übliche Anordnung von Brandwänden kollidiert mit den in diesem Fall zu beachtenden funktionellen Anforderungen und dem Denkmalschutz.

Dagegen lassen sich feuerhemmende Trennwände bei Holzfachwerkkonstruktionen und Holzdachtragwerken leichter und dennoch hinreichend wirksam anordnen [2]. Dieser Weg wurde in Abstimmung mit Prüfingenieur und Bauaufsicht begangen. Rücksicht wurde auf bereits vorhandene Mauerwerks- und Fachwerktrennungen genommen. Ebenso wurden funktionale Zusammenhänge und mögliche Trennungen berücksichtigt. Im Ergebnis entstanden kleine feuerhemmend getrennte Abschnitte (Abb. 3 bis 6), die wegen des zu erwartenden Zeitgewinns für die örtliche Freiwillige Feuerwehr durchaus beherrschbar sind. [...]

Ein technischer Querschnitt einer Dachkonstruktion mit detaillierten Beschriftungen der Materialien und Schichten.
Abb. 6: Planungsskizze für Trennwandanschluss an Dach (Quelle: S. Schuttwolf)

Weiterlesen? Der vollständige Artikel ist in Ausgabe 6.2024 des FeuerTrutz Magazins (Dezember 2024) erschienen. Darin beschreiben die Autoren u.a. die Ertüchtigung von Bauteilen wie Wänden und Decken, haustechnische Durchdringungen und die Löschwasserversorgung, und geben ein Fazit zum Projekt.

Quellen

[1] Thüringer Bauordnung vom 02.07.2024

[2] DIN 4102-4:2016-05, Abschnitt 10.4 Klassifizierte Fachwerkwände mit ausgefülltem Gefache

[3] WTA Merkblatt 8-12 „Brandschutz in Fachwerkgebäuden und Holzbauteilen“

[4] Holzbau Handbuch Teile R7, T3, F1

[5] Beilicke: „Holzkonstruktionen in bestehenden Gebäuden“, BBV Beilicke Brandschutz Verlag Leipzig 2010

[6] Kordina, Meyer-Ottens u. a.: „Holz-Brandschutz Handbuch“, DGfH 1994

zuletzt editiert am 13. Juni 2025