Hochhäuser stellen aufgrund ihrer vertikalen Bauweise besondere Anforderungen an den Brandschutz. Durch die Höhe der Bauwerke wachsen die Schwierigkeiten bei der Evakuierung und des Einsatzes von Feuerwehren. Der Beitrag zeigt die Besonderheiten der Brandschutzmaßnahmen im Hochhaus und gibt eine baurechtliche Einordnung.
Aufgrund des Flächenbedarfs in Innenstädten und steigender Grundstückspreise, aber auch aus Prestigedenken heraus, sind Hochhäuser immer mehr stadtbildprägend für Großstädte. Hochhäuser stellen außerdem zunehmend einen bedeutsamen Tourismusfaktor dar, da sie als Aussichtstürme mit Dachgaststätten und Erlebnisbereichen sowie als Wahrzeichen viele Menschen anziehen.
Sie bergen jedoch auch bautechnische Probleme bzw. Risiken: Statik, Erdbebensicherheit, Brandschutz und, spätestens seit 2001 allgegenwärtig, Terroranfälligkeit.
Brände in Hochhäusern können trotz umfangreicher Sicherheitsmaßnahmen nicht vollständig ausgeschlossen werden und sind häufig spektakulär. Denn oft sind sie wegen der großen Personenzahl im Gebäude mit vielen Toten und Verletzten verbunden und weithin sichtbar. Hochhausbrände ziehen deshalb eine große mediale Aufmerksamkeit auf sich, wie gerade Fassadenbrände in den letzten Jahren gezeigt haben.
Die häufigsten Nutzungen von Hochhäusern sind heute Wohnungen, Büros und Hotels. Dazu kommen kombinierte Nutzungen (z.B. Verkaufsstätten, Gaststätten oder Versammlungsstätten im Erdgeschoss, Büros vom 1. Obergeschoss an aufwärts, Wohnungen vor allem im höheren Bereich des Hochhauses).
Brände bei Hochhäusern
Während Brände unterhalb der Hochhausgrenze (in Deutschland gelten Gebäude als Hochhäuser, wenn die Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, mehr als 22 m über der Geländeoberfläche im Mittel liegt) zumeist nur eine Randnotiz in den Medien darstellen, ist ein Hochhausbrand fast immer ein Medienereignis, selbst wenn es nicht zu Toten und Verletzten kommt.
Das liegt an folgenden Besonderheiten:
- objektiv schwierige Rettungs- und Brandbekämpfungsbedingungen für die anwesenden Personen und die Feuerwehr sowie
- Symbolik und Sichtbarkeit eines Hochhausbrandes.
Bei kaum einer anderen Gebäudeart ist die Entwicklung des baulichen und anlagentechnischen Brandschutzes von so einschneidenden Brandereignissen geprägt wie bei Hochhäusern. Die Brandschutzanforderungen an Hochhäuser wurden entsprechend konkretisiert und an die Risiken angepasst.
Dazu gehören beispielsweise folgende Brandereignisse bei Hochhäusern:
Brandobjekt | Brandausbreitung und Folgen |
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Joelma Building (Büro) in Sao Paulo (1974) |
Brandausbreitung über den Treppenraum mit 179 Toten und 300 Verletzten |
Punkthochhaus (Wohngebäude) in Magdeburg (1992) |
Brandausbreitung über Maisonette mit zwei Toten und einem Verletzten |
The Address Downtown (Hotel) in Dubai (2015) |
Brandausbreitung über Fassade mit 16 Verletzten |
Grenfell Tower (Wohngebäude), London (2017) |
Brandausbreitung über die Fassade mit 72 Toten und 74 Verletzten |
Marco Polo Apartments (Wohngebäude) in Honolulu (2017) |
Brandausbreitung über Treppenraum und Flure mit vier Toten und 13 Verletzten |
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Brandursachen bei Hochhäusern
Die Brandursachen in den Hochhäusern mit überwiegend Wohn-, Hotel- und Büronutzung unterscheiden sich nicht wesentlich von den Brandursachen bei anderen Wohn-, Hotel- und Bürogebäuden.
Typische Brandursachen in Hochhäusern sind z.B.:
- Technische Defekte, z.B. elektro- und haustechnische Defekte,
- Menschliches Versagen, z.B. Zigarettenglut beim Rauchen oder Verwendung von Pyrotechnik,
- Baumaßnahmen beim Bau oder Umbau des Gebäudes, die oft mit Schweiß- und Schneidarbeiten verbunden sind sowie
- Brandstiftungen, da der Aufmerksamkeitseffekt sehr hoch ist.
Während verhaltensbedingte Ursachen, wie Rauchen und Bau- und Instandhaltungsarbeiten, durch organisatorische Brandschutzmaßnahmen in einem begrenzten Umfang reduziert werden können, besteht diese Möglichkeit z.B. bei defekten Elektroanlagen kaum. Es muss also in Hochhäusern trotz bestimmter Verhaltensanforderungen, wie z.B. Rauchverboten, immer mit Entstehungsbränden gerechnet werden.
Hochhäuser können infolge ihrer repräsentativen Funktion auch Ziele von Terroranschlägen sein. Vollbrände von Hochhäusern mit vielen Opfern werden z.B. durch Flugzeugkollisionen ausgelöst. Terroranschläge oder vergleichbare Katastrophen sind jedoch mit vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzmaßnahmen nicht beherrschbar.
Einstufung von Hochhäusern als Sonderbauten
Wann ist ein Hochhaus als Hochhaus definiert?
Die Abgrenzung von Hochhäusern zu Nichthochhäusern erfolgt in Deutschland durch den Abstand der Gebäudehöhe zur Geländeoberfläche. In der Musterbauordnung ist dieser Abstand mit 22 m definiert – wird er überschritten, handelt es sich um ein Hochhaus.
Dabei ist nicht die konstruktive Gebäudehöhe gemeint, sondern die in der Musterbauordnung mit dem höchstgelegenen Aufenthaltsraum definierte. Die Höhendifferenz des Fußbodens des höchstgelegenen Aufenthaltsraumes, für den die Personenrettung nachzuweisen ist, zur Geländeoberfläche entscheidet damit über die Einstufung als Hochhaus. Dieses Maß resultiert aus der Anleiterhöhe von Drehleitern der Feuerwehr.
In § 2 Abs. 4 MBO ist die Definition eines Hochhauses als Sonderbau wie folgt:
„Sonderbauten sind Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung, die einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen:
- Hochhäuser (Gebäude mit einer Höhe nach Absatz 3 Satz 2 von mehr als 22 m) […]“
(Ausnahme: Berlin hat 2022 die Hochhausgrenze auf 25 m angehoben.)
Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR): Sonderbauverordnung für Hochhäuser
In Deutschland ist ergänzend zu der Musterbauordnung eine Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) erlassen worden. Die Muster-Hochhaus-Richtlinie wurde und wird in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich umgesetzt. In einigen Bundesländern wurde sie wortgleich inhaltlich übernommen, in manchen Bundesländern wurden Reduzierungen der Anforderungen vorgenommen oder auch keine Hochhausrichtlinie eingeführt.
International gibt es nur in Einzelfällen spezielle Hochhausregelungen. Die Anforderungen sind dort eher ins jeweilige allgemeine Baurecht mit speziellen Anmerkungen zu Hochhäusern integriert.

Besonderheiten und Herausforderungen: Brandschutz im Hochhaus
Hochhäuser und die Gefahren durch Brandausbreitung in einem Hochhaus weisen eine Reihe von Besonderheiten auf, die vor allem durch die besondere Bauweise in die Höhe bedingt sind.
Vertikale Brandausbreitung in Hochhäusern
Bei Hochhäusern spielt die vertikale Brandausbreitung eine zentrale Rolle, da über die Flammenausbreitung an den Außenwandseiten wesentlich größere flächenbezogene Brandleistungen und damit größere Flammenhöhen erreicht werden können als bei der horizontalen Brandausbreitung. Dies kann wiederum zu einer größeren Zahl betroffener Geschosse der Nutzungseinheiten führen.
Eine zweite Möglichkeit der vertikalen Brandausbreitung ist im Inneren des Gebäudes gegeben, insbesondere wenn vertikal notwendige Öffnungen (z.B. Treppenräume, Aufzüge, Atrien, Haustechnikschächte) die Ausbreitung von Feuer und Rauch ermöglichen.
Da ein relativ großer Anteil der Brände in den unteren Geschossen stattfindet, muss eine vertikale Brandausbreitung in aller Regel über das gesamte Gebäude angenommen und verhindert werden.
Gefahren durch Rauchausbreitung
Massive Rauchausbreitung innerhalb eines Hochhauses tritt insbesondere bei erheblichen Temperaturunterschieden in Treppenräumen aufgrund ihrer Höhe bei einem Raucheintritt ein sowie in offenen atrienartigen Verbindungen, besonders im Breitfußbereich und den darüber liegenden Geschossen des Hochhauses.
Besonderheiten bei der Evakuierung
Relativ hohe Todes- und Verletztenzahlen sind auf die Besonderheiten der Evakuierung im Brandfall zurückzuführen. Meistens sind es Mängel bei den vertikalen Rettungswegbestandteilen, die zu höheren Todeszahlen führen, auch weil über dem Brandbereich liegende Geschosse infolge der Nichtnutzbarkeit der Treppenräume nicht geräumt werden können und sich Brände über mehrere Geschosse ausbreiten, wenn keine flächendeckenden Feuerlöschanlagen vorhanden sind.
Mischnutzungen von Hochhäusern
Die Brandschutzproblematik von Mischnutzungen ergibt sich aus der Komplexität des organisatorischen Brandschutzes infolge der Gleichzeitigkeit von
- ortsunkundigen Personen (Verkaufsstätten, Versammlungsstätten, Gaststätten, Garagen),
- Beherbergungen (Wohnungen, Wohnheime, Hotels, Pflegeeinrichtungen, Krankenhausbereiche),
- hohen Personenzahlen (Versammlungsstätten, Gaststätten, Verkaufsstätten) sowie
- Nutzungseinheitsgrößen von über 200 m² (Versammlungs- und Verkaufsstätten, Großraumbüros, museale Bereiche).
Hochhäuser sind oft Bestandsbauten
Die Anforderungen der MHHR gelten zunächst für Neubauten und Bestandsbauten gleichermaßen, jedoch genießen Bestandsbauten, die nach alten Fassungen der MHHR oder nach TGL 10685 in der früheren DDR erstellt wurden, bauordnungsrechtlich Bestandsschutz. In der Einsatzpraxis vieler Feuerwehren finden sich häufig solche Hochhäuser, sodass tatsächlich vorgefundene und in der aktuellen MHHR geforderte Brandschutzmaßnahmen oftmals voneinander abweichen. Der grundlegende Standard für den Hochhausbrandschutz wird in Deutschland bei Bestandsbauten in aller Regel nicht erreicht.
Dieser Umstand muss im Rahmen der Einsatzvorbereitung der Feuerwehren durch eine individuelle Betrachtung und die Festlegung objektspezifischer Maßnahmen berücksichtigt werden.
Welche Brandschutzmaßnahmen sind bei Hochhäusern zu beachten?
Zentrale Schutzziele des Brandschutzes bei Hochhäusern sind:
- die Personenrettung,
- die Verhinderung der Brandausbreitung (vor allem der vertikalen),
- die Verhinderung der Rauchausbreitung innerhalb der Geschosse und
- wirksame Löscharbeiten.
Vertikale Brandausbreitung: Bauliche und anlagentechnische Maßnahmen
Hinsichtlich der vertikalen Ausbreitungswege gibt es im heutigen Baurecht Regelungen zur Gestaltung (Treppenräume und Aufzüge), Verbote (Müllabwurfschächte), baulich-technische Lösungen zu Haustechnikschächten und kompensatorische Lösungen (Feuerlöschanlagen) zu gewollten baulichen Verbindungen.
Von besonderem Interesse ist die Schadensauswertung von internationalen Hochhausbränden. Danach sind in den letzten 25 Jahren vor allem Fassadenbrände infolge vertikaler Brandausbreitung über brennbare Fassadenverkleidungen unterschiedlicher Materialien festzustellen. Die vertikale Brandausbreitung ist insbesondere bei Kunststoffmaterialien sehr hoch. Hinsichtlich der vertikalen Brandausbreitung bei Holzoberflächen in der Fassade liegen noch wenig Erfahrungen vor.
Die Statistik der Hochhausbrände zeigt, dass der Übergang von der horizontalen in die vertikale Brandausbreitung mit Feuerlöschanlagen wesentlich eingeschränkt und damit maßgeblich die Zahl der Todesopfer und Verletzten – in Abhängigkeit von der Rettungsweglösung – reduziert werden kann.
Rettungswegsituation in Hochhäusern
Aufgrund der erheblichen Entfernung der obersten Bereiche und Geschosse von Hochhäusern zur Geländeoberfläche und damit zum öffentlichen Verkehrsraum entstehen besondere Anforderungen an die Personenrettung.
Der Einsatz von Feuerwehrkräften wird bei einem Hochhausbrand durch folgende Bedingungen erschwert:
- die Zeitproblematik, insbesondere bezogen auf eine mögliche Verrauchung, des Innenangriffs,
- die meist sehr hohe Personenzahl im Gebäude, die eine Intervention zur Personenrettung nur in Einzelfällen möglich macht sowie
- der sehr hohe personelle und technische Aufwand für die Brandbekämpfung bei einer hohen Geschossanzahl.
Deshalb gilt der Grundsatz bei der Rettungswegplanung, dass das Verlassen des Gebäudes ohne die Unterstützung von Einsatzkräften der Feuerwehr möglich sein muss. Dazu sind vielfältige bauliche Lösungen vorgesehen, wie mehrere unabhängige vertikale Treppenräume oder Sicherheitstreppenräume, in bestimmten Fällen auch Außentreppen.
Es sind aber nicht nur die baulichen Besonderheiten, die zu beachten sind: Ein Großteil der sich im Hochhaus aufhaltenden Personen nutzt meist die Aufzüge und kennt ggf. die Treppenanlagen kaum. Deshalb ist auch die Kenntnis und das Verständnis der Rettungswegsituation durch die Nutzenden Voraussetzung für das Erreichen des Schutzzieles der Personenrettung.
Brandbekämpfung durch die Einsatzkräfte der Feuerwehr
Die besonders langen Rettungswege in die ggf. sehr weit von der Geländeoberfläche entfernten Brandbereiche verlangen infolge des großen Zeitaufwandes für die Fortbewegung einen höheren Feuerwiderstand der Bauteile als in Standardgebäuden bzw. besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Rettungswegnutzung im Brandfall. Die Notwendigkeit des Innenangriffs bedeutet damit höhere Anforderungen an die Bauteile im Geschoss sowie an den anlagentechnischen Brandschutz als bei Gebäuden unterhalb der Hochhausgrenze.
Das betrifft im Einzelnen:
- höhere Anforderungen an raumabschließende Trennungen innerhalb der Geschosse,
- Bereiche im Brandgeschoss, von denen aus der Innenangriff beginnen kann,
- vertikale Treppenraumerschließungen, die ein Erreichen des Brandgeschosses von den darunter liegenden, nicht vom Brand betroffenen Geschossen aus auf relativ kurzem Weg ohne Verrauchungsgefahr des Zugangs ermöglichen, sowie
- Löschwasserentnahmestellen innerhalb des Brandgeschosses (i.d.R. Wandhydranten an wasserführenden "nassen" Steigleitungen, sog. Nasssteigleitungen), die im Brandgeschoss eine direkte Einspeisung ermöglichen.
Von besonderer Bedeutung ist die Bereitstellung des Löschwassers oder anderer Löschmittel in sehr hohen Höhen.
Quellen:
- Muster-Hochhaus-Richtlinie MHHR (Fassung April 2008, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Februar 2012)
- Musterbauordnung (Fassung 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom 21.09.2012)