Feuerwehrleute in Schutzkleidung sichern die Brandversuche an dem Testaufbau ab.
Quelle: Kristina Rottig/TU Braunschweig

Forschung 2025-12-10T13:04:09.789Z Forschungsprojekt ALREKO: Konzepte für Gebäude ohne zweiten Rettungsweg

Ein Forschungsteam der Technischen Universität Braunschweig, der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Hochschule Rottenburg untersucht im Rahmen des Projektes ALREKO, wie sich das Treppenhaus als alleiniger Rettungsweg sicherer ausgestalten lässt. Dazu wurde im Zentrum für Brandforschung (ZeBra) ein Brand in einem zwölf Meter hohen Treppenhaus inszeniert. Auch die Braunschweiger Feuerwehr kam dabei zum Einsatz.

In mehrgeschossigen Gebäuden müssen zwei voneinander unabhängige Rettungswege vorhanden sein: einer über den Treppenraum und ein zweiter über eine für die Feuerwehr zugängliche Stelle, wie etwa einen Balkon oder ein Fenster. In vielen Städten blockieren jedoch parkende Fahrzeuge, dichter Baumbestand oder die Oberleitungen des öffentlichen Nahverkehrs die Aufstellflächen für Feuerwehrleitern. Wenn die Feuerwehr ihre Geräte nicht einsetzen kann, ist ein zweiter baulicher Rettungsweg oder ein Sicherheitstreppenraum notwendig. Beides ist bei Bestandsgebäuden oft weder technisch noch wirtschaftlich umsetzbar. Die Folge: Potenziell wertvolle Aufstockungen, insbesondere in Holzbauweise, scheitern an brandschutztechnischen Hürden.

Ein Treppenraum, ein Rettungsweg

Hier setzen die Wissenschaftler:innen im Projekt ALREKO (Alternatives Rettungswegkonzept) an. Sie wollen herausfinden, mit welchen Maßnahmen ein Treppenhaus so verbessert werden kann, dass es als einziger Rettungsweg ausreicht und das Risiko vergleichbar zu Gebäuden mit dem zweiten Rettungsweg über Leitern der Feuerwehr ist. Auch im Fall einer Aufstockung von Bestandsgebäuden.

„Damit gehen erhebliche Potenziale für den Holzbau einher, der sich für diese Art von Bauvorhaben besonders eignet. Denn auf diese Weise werden Aufstockungen möglich, die unter den bislang geltenden Randbedingungen grundsätzlich nicht realisiert werden könnten“, sagt Professor Jochen Zehfuß, Leiter des Fachgebiets Brandschutz im Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) der TU Braunschweig.

Ziel des Forschungsteams ist die Entwicklung alternativer Konzepte für Rettungswege, mit denen ihre wirtschaftliche und attraktive Ausführung in mehrgeschossigen Wohngebäuden ermöglicht wird. Im Fokus stehen technische Lösungen, die den Treppenraum wirksam vor Rauch und Feuer schützen, ohne dabei massiv in die Statik des Gebäudes einzugreifen oder hohe Kosten zu verursachen, beispielsweise Brandschutztüren, eine intelligente Rauchableitung oder Löschtechnik.

Ein Brandschutztest in einem Labor mit sichtbaren Flammen und Rauchentwicklung.
Wie wirken sich verschiedene bauliche Bedingungen auf die Ausbreitung von Feuer und Rauch in einem Bestandsgebäude aus? In der ersten Etage des Brandhauses wurde für die Versuchsreihe ein Brand entfacht. (Quelle: Kristina Rottig/TU Braunschweig)

Brandversuche im Zwölfmeter-Treppenhaus

Für die Versuchsreihe im Realmaßstab wurde an das sogenannte Brandhaus im Zentrum für Brandforschung der TU Braunschweig ein viergeschossiger, rund zwölf Meter hoher Treppenraum angebaut. In jeder Etage verbinden zwei Türen das Treppenhaus direkt mit einem angrenzenden Raum im mehrgeschossigen Brandhaus, in dessen erster Etage der Brand entfacht wurde.

Um möglichst aussagekräftige Erkenntnisse zur Rauchausbreitung zu gewinnen, bauten die Forschenden im zweiten und dritten Obergeschoss pro Etage zwei verschiedene Türvarianten ein. Neben einer speziellen Brandschutztür installierten sie jeweils eine zusätzliche, dicht schließende Tür.

Wenn die Löschanlage ausfällt

Vier unterschiedliche Szenarien haben die Forschenden in ihrer Versuchsreihe aufgebaut – von Treppenräumen mit nichtbrennbaren Oberflächen mit geschlossener und geöffneter Tür bis zu Holztreppen mit und ohne Löschanlage. Sie sollen zeigen, wie sich verschiedene bauliche Bedingungen auf die Ausbreitung von Feuer und Rauch in einem Bestandsgebäude auswirken. Für die Wissenschaftler:innen stellt sich auch die Frage, welche Folgen ein Ausfall der Löschanlage hätte. Könnten brandschutztechnisch optimierte Türen in diesem Fall ausreichend schützen, selbst wenn der Treppenraum vollständig in Brand steht?

Für die Feuerwehr sind diese Brandversuche von großer Bedeutung. Feuerwehren aus mehreren großen Städten (Berlin, Hamburg, Frankfurt, Magdeburg) nehmen an den Experimenten teil und die Braunschweiger Feuerwehr sichert die Versuche mit bereitstehenden Einsatzkräften ab.

„Wenn der zweite Rettungsweg nicht über Leitern der Feuerwehr dargestellt werden kann, müssen die Treppenräume so gestaltet werden, dass sie im Brandfall einen sicheren Rettungsweg bieten, damit das Risiko für die Bewohnerinnen und Bewohner nicht steigt“, betont Torge Malchau, Leiter der Feuerwehr Braunschweig.

Projektdaten ALREKO

Am Projekt ALREKO (Alternatives Rettungswegkonzept) sind die TU Braunschweig, Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (Prof. Dr.-Ing. Jochen Zehfuß), die Hochschule Magdeburg-Stendal (Prof. Dr.-Ing. Björn Kampmeier) und die Hochschule Rottenburg (Prof. Dipl.-Ing. Ludger Dederich) beteiligt. ALREKO wird mit 500.000 Euro von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (Projektträger des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat) und der Industrie gefördert.

www.tu-braunschweig.de

www.h2.de/home.html

www.hs-rottenburg.net

baustoffe.fnr.de

Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden

Neuigkeiten aus der Branche und Fachinformationen zum vorbeugenden Brandschutz:
Melden Sie sich jetzt für den kostenlosen Newsletter an!

zuletzt editiert am 10. Dezember 2025