Wir haben mit Josef Faßbender über typische Fehler bei Feuerschutzabschlüssen gesprochen. Aus seiner Arbeit als Sachverständiger berichtet er über seine Erfahrungen bei den Begehungen und gibt Tipps zur Nachrüstung, Wartung und Planung von Feuer- und Rauchschutztüren.
Herr Faßbender, was sind für Sie typische Mängel bei Ihren Begehungen, die Sie bei Ihrer täglichen Arbeit als Sachverständiger beobachten?
Es sind sehr viele Abweichungen bei der Montage bzw. allein schon beim Aufmaß vorhanden. Als Beispiel nenne ich die in einem aktuellen Fall im Verwaltungsteil eines Bestandsgebäudes eingebauten 50 Türen: Dort wurden sämtliche Feuerschutzabschlüsse falsch ausgeführt, weil sie zuvor falsch vermessen und demnach falsch montiert wurden.
Also entstehen die Mängel schon bei einer fehlerhaften Planung. Wie könnte man das verhindern?
Die Ausschreibung umfasste die baurechtlichen Vorgaben und Anforderungen des Bauherrn, und die Ausführungsplanung oblag dem Auftragnehmer. Das Aufmaß wurde falsch ausgeführt, und beim Beginn der Montage hätte man feststellen und melden müssen, dass die Planung und die örtlichen Gegebenheiten nicht passen. Lösungsmöglichkeiten wären vorhanden gewesen. Wie die örtliche Bauleitung mir berichtete, montierten die Firmeninhaber auch selbst. Diese Feuerschutzabschlüsse hätten im Brandfall niemals die brandschutztechnischen Eigenschaften erfüllen können.
Warum werden diese Ausführungs- und Planungsmängel gar nicht bemerkt? Müsste es da nicht eine engmaschige Fachbauleitung geben?
Ja, eine baubegleitende Qualitätskontrolle bzw. Fachbauleitung wäre sicherlich wünschenswert – auch bei größeren Objekten, bei denen eine Fachbauleitung nicht in dem Umfang erfolgt, wie sie eigentlich sein müsste. Bei einer aktuellen Objektbegehung ergab sich, dass Feuerschutzabschlüsse in einem Mehrfamilienhaus sehr mangelhaft eingebaut worden waren. Mich wundert, dass die Fachbauleiter mich jetzt rufen, da die Familien in drei Wochen in die 50 Wohnungen einziehen sollen. Diese Zeit ist nicht realistisch, denn der Brandschutz dort ist nicht gewährleistet. Es wird vermutlich dazu kommen, dass die Häuser nicht bezogen werden können. Warum hat die Bauleitung da nicht frühzeitig eingegriffen? Aber da ist dann sowohl der Kosten- als auch Zeitdruck so groß, dass man der Meinung war, dass man das irgendwie hinbekommt. Und ja, meine Aufgabe war es, sich die Türen anzuschauen, um erstmal einen groben Überblick zu erhalten. Am liebsten hätte man von mir gehört, dass der Brandschutz nicht gefährdet ist. Was ich allerdings nicht bescheinigen konnte. Also Zeitdruck, Kostendruck und mangelnde Ausbildung, das sind die Mängel, die mir immer wieder bei meiner Arbeit als Sachverständiger begegnen.
Stichwort Fachkräftemangel: Sind nicht genügend Fachkräfte vorhanden?
Es ist ja leider auch so, dass jeder, der Lust und Laune hat, einen Feuerschutzabschluss montieren kann. Ganz egal, welchen Beruf ich vorher ausgeübt habe, ab morgen kann ich Feuerschutzabschlüsse montieren und eine Übereinstimmungserklärung unterzeichnen. Nur die wenigsten wissen um die rechtlichen Folgen – denn sie sind nach der Unterschrift persönlich haftbar. Es ist absolut unverständlich, dass Feuerschutzabschlüsse von jedem ohne jegliche Vorbildung eingebaut werden dürfen. In den Verwendbarkeitsnachweisen steht zwar drin, dass sie nur durch Fachpersonal einzusetzen sind, aber man muss es nicht nachweisen.
Wie kommt es in der Praxis dazu? Der Hersteller möchte doch, dass sein Produkt ordnungsgemäß eingebaut wird.
Ja, die Hersteller sind sehr interessiert daran, weil ihr Name auf dem Produkt steht. Bei der Ansicht einer Tür des Herstellers XY heißt es vom Bauherrn schon mal: „Diese Türanlage möchte ich nicht mehr haben, weil ich damit nur Ärger habe.“ Ich möchte behaupten, dass die Produkte zu 98 % in Ordnung sind, bis sie zur Baustelle kommen. Denn der Fehler liegt ja meistens in der Ausführung.
Wie sehen potenzielle Lösungen aus?
Hersteller bieten Schulungen an, damit ihre Produkte richtig verbaut werden. Es müsste aber mindestens eine Grundschulung geben, die absolviert und auch nachgewiesen werden müsste, so wie es zum Beispiel für Feststellanlagen in der DIN14677 gefordert ist. Denn in sehr vielen Gebäuden wird Trockenbau verarbeitet, und während dieser Trockenbauarbeiten werden oftmals schon Feuerschutzabschlüsse in die Wände montiert.
Nach einer schon fehlerhaften Planung folgt dann eine mangelhafte Montage, oder?
Genau. Der ausführende Betrieb weiß oftmals nicht genügend Bescheid über die Produkte, die er dort einbaut. Ergo sind auch die ausführenden Handwerksbetriebe nicht gut genug ausgebildet. Es gibt Auftragnehmer, die landauf, landab tätig sind und immer wieder Fehlerquellen hinterlassen, da sie Produkte wissentlich falsch verbauen. Das ist dann unverantwortlich. Und bei nur sehr wenigen Betrieben ist die Einsicht da, dass dort Ausbildungswissen fehlt. Mich wundert auch, dass es immer noch Betriebe gibt, die in die von jemand X-Beliebigem eingebauten Zargen Türblätter einbauen und dafür dann nachher auch noch unterschreiben. Damit unterzeichnet derjenige, der die Türblätter einbaut, ja dann auch eine Erklärung für eine Zarge, die nicht von ihm eingebaut wurde.
Bildergalerie: Beispiele für Mängel bei Feuerschutzabschlüssen
Was ist bei der Nachrüstung von Türen zu beachten, und in welchen Fällen müssen überhaupt bereits eingebaute Feuerschutzabschlüsse nachgerüstet werden?
Bei der Konzeptionierung eines Gebäudes steht nicht immer fest, wer dieses überhaupt beziehen wird. Wenn wir ein Wohngebäude haben, ist es vom Prinzip her einfach: Ich habe Privatleute, die es als Wohnung nutzen werden. Wenn ich aber ein Gebäude habe, in dem als Nutzung z.B. Büroeinheiten geplant sind, dann weiß ich noch nicht, welche Art von Unternehmen dort einziehen wird. Ein IT-Unternehmen hätte bestimmte sicherheitstechnische Anforderungen wie vielleicht Zutrittskontrollsysteme oder einen besonderen Einbruchschutz. Wenn hingegen ein Zahnarzt das Gebäude bezieht, könnte sich dieser wünschen, dass die Türen den ganzen Tag offenstehen und barrierefrei zu begehen sind. Allein diese beiden Faktoren führen dazu, eine bestehende Anlage nachzurüsten. In diesem Fall müsste ein Antrieb für die Tür nachgerüstet werden. Und ein solcher Antrieb ist nicht einfach nachzurüsten, wenn er für die Türanlage nicht bereits vorgesehen war. Daher sehe ich bei der Planung schon sehr viele Fehler, weil die Türanlage nicht so geplant wurde, dass man bestimmte Dinge nachrüsten kann.
Wie hat sich denn durch die Pandemie der letzten Jahre die Tätigkeit bei Ihnen verändert?
Also meine Tätigkeit als Sachverständiger hat sich nicht verändert, dafür muss ich immer noch vor Ort sein, das geht nicht anhand von Fotos. Für eine Bewertung muss ich eine Inaugenscheinnahme durchführen. Nur die Dozententätigkeit hat sich verändert, die ist sehr viel medialer geworden. Viele meiner Seminare richten sich an Praktiker, also an Monteure, sei es die Instandhaltung von Feuerschutzabschlüssen, sei es die Prüfung und Wartung von Feststellanlagen oder einfach die Montage. Das sind aber Seminare, die ich nicht online abhalten kann. Wenn es darum geht, online Wissen zu vermitteln, kommt es auch immer auf die Zielgruppe an, denn ein Monteur ist es nicht gewohnt, einen ganzen Tag stillzusitzen und zuzuhören. Wenn ich jemanden im Seminar habe, der Architektur studiert hat, ist dieser mit dem digitalen Umfeld vertraut, und den kann ich auch mal einen Tag online "bespaßen" – wobei es die Interaktion ist, die bei den Webinaren oft zu kurz kommt.
Wie plane ich denn am besten in einem Bauobjekt potenzielle Anforderungen für die Türelemente?
Zu Beginn sollte man baurechtliche, organisatorische und nutzerspezifische Anforderungen zusammentragen, um Türfunktionstypen, also Türtypicals, zu entwickeln. Für den Investor und den Generalunternehmer sind die Kosten entscheidend, damit für beide die Wirtschaftlichkeit des Projekts passt. Klassischerweise wird zunächst mit der kostengünstigsten Ausstattung geplant. Wenn eine Zugangstür für den Innenbereich aber inklusive Elektroöffner vorgerüstet werden soll, können schon mal 30 bis 400 € zusätzlich gefordert werden. Je nach Zahl der Türen ist das ein hoher Betrag, der dann auf den GU zukommt.
Das heißt, die Nutzung und damit die verschiedenen Funktionstypen der Feuerschutzabschlüsse werden nicht in den Vordergrund gestellt?
Vielfach wird mit der Erstellung der Türliste begonnen, statt einer Vorplanung mit Funktionstypen. Türen sind multifunktionale Bauteile mit einer Vielzahl an Funktionen und Möglichkeiten. Das hat sich in den letzten 25 Jahren durch die Einführung von elektrischen Beschlägen, Zylindern und Ähnlichem enorm verändert.
Die Nutzungs- und späteren Funktionsmöglichkeiten sind frühzeitig in die Planung einzubeziehen, um spätere Nachrüstungen zu ermöglichen. Wenn ich beispielsweise ein Hotel errichten möchte, muss bereits bei der Planung berücksichtigt werden, welche Beschläge montiert werden sollen, welche Zutrittskontrollsysteme. Wenn dies keine Beachtung findet, kann es passieren, dass sich ein Hotelmanager ein Produkt des Herstellers X aussucht, das allerdings am Feuerschutzabschluss nicht zu Y passt.
Dann vielleicht noch zum Abschluss. Was wünschen Sie sich in diesem Kontext?
Letztlich geht es nicht nur um Feuerschutzabschlüsse, sondern um das Bauelement Tür. Dieses sollte einen anderen Stellenwert erhalten. Es sollte ihm der Stellenwert zugemessen werden, den es auf der Baustelle auch benötigt, da es sich um ein zentrales Bauelement handelt.
Meine Erfahrung zeigt, dass sich bei der Frage, wer auf der Baustelle für die Türen verantwortlich ist, alle einfach wegdrehen. Es gibt Planer für TGA, Fachplaner für Einbruch, Meldeanlagen, Barrierefreiheit und, und, und. Die gibt es alle, aber die Akzeptanz und die entsprechende Ausbildung für das Bauelement Tür, sei es in planerischer oder ausführender Weise, sind überhaupt noch nicht angekommen.
"Türen? Was ist denn mit Türen? Das ist ein Brett mit zwei Bändern, Schloss und Drücker. Die geht auf und zu. Was soll die denn sonst machen?", so oft die Meinung. Dabei sollte man sich mal anschauen, welche Funktionen in diesem Bauelement neben den baurechtlichen Vorgaben wie Brand- und Rauchschutz vereint werden müssen: Wand, Decke, Boden, Starkstrom, Schwachstrom, Rauchmeldeanlage, Brandmeldeanlage, Zutritts- und Kontrollsysteme, Barrierefreiheit. All diese Gewerke haben Einfluss auf das Bauelement Tür. Vielleicht scheut sich manch einer, genauer hinzuschauen, weil man sagt, Türen machen nur Ärger. Ich sage: "Nein, Türen können Freude machen, aber man muss sich frühzeitig damit beschäftigen!"
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Faßbender.
DFATT: Deutsche Fachakademie für Türtechnik
Die Deutsche Fachakademie für Türtechnik (DFATT) bietet ein auf das Bauelement Tür fokussiertes, herstellerübergreifendes und thematisch ganzheitlich ausgerichtetes Qualifizierungs-, Weiterbildungs- und Spezialisierungsangebot. Gegründet 2018 von Josef Faßbender und Gunnar Förster sowie Andreas Steynes als Berater; seit 2020 wird sie von Josef Faßbender und Andreas Steynes geführt.
Das Interview ist in Ausgabe 1.2023 des FeuerTrutz Magazins (Februar 2023) erschienen.
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