Fluchtwege und Notausgänge müssen in angemessener Form und dauerhaft gekennzeichnet sein. Die Anforderungen an die Kennzeichnung von Fluchtwegen in Arbeitsstätten sind in den Arbeitsstättenregeln (ASR) festgelegt. Der Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen und erklärt die richtige Kennzeichnung von Fluchtwegen in Arbeitsstätten.
Der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) hat die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“ im März 2022 überarbeitet und an den Stand der Technik angepasst. Außerdem wurden die Anforderungen an Sicherheitsbeleuchtung und optische Sicherheitsleitsysteme aus der ASR A 3.4/7 in die Neufassung der ASR A2.3 überführt. Die ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ wurde infolge der Überarbeitung formal bzgl. lichttechnischer Anforderungen an langnachleuchtende Sicherheitszeichen ergänzt, zudem wurden neue Rettungszeichen eingefügt.
Die konkreten Anforderungen an die Kennzeichnung von Fluchtwegen in Arbeitsstätten ergeben sich nun aus der Kombination verschiedener Arbeitsstättenregeln zur Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung (ASR A1.3), zu Fluchtwegen und Notausgängen (ASR A2.3) sowie der Barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten (ASR V3.2a).
Gesetzliche Bestimmungen
Wo ist die Kennzeichnung von Fluchtwegen in Arbeitsstätten geregelt?
Nach Punkt 2.3 des Anhangs der ArbStättV müssen Fluchtwege und Notausgänge in angemessener Form und dauerhaft gekennzeichnet sein. Sie sind mit einer Sicherheitsbeleuchtung auszurüsten, wenn das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte für die Beschäftigten, insbesondere bei Ausfall der allgemeinen Beleuchtung, nicht gewährleistet ist.
Konkret ist die Fluchtwegkennzeichnung nach den Vorgaben der Richtlinie 92/58/EWG über Mindestvorschriften für die Sicherheits- und/oder Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz auszuführen.
Diese europäische Richtlinie wird durch die Arbeitsstättenverordnung in nationales Recht umgesetzt. Nach § 3a Absatz 1 der ArbStättV hat der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben der Arbeitsstätten u. a. den Stand der Technik sowie insbesondere die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach § 7 Absatz 4 ArbStättV als Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) bekannt gemachten Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.
ASR 1.3: Aktueller Stand der Technik
Die ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" beschreibt den aktuellen Stand der Technik zur Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung in Arbeitsstätten. Dabei wurde eine Auswahl der in den Normen zur Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung enthaltenen Sicherheitszeichen in die aktuelle Arbeitsstättenregel aufgenommen.
Bei der bestimmungsgemäßen Verwendung dieser Sicherheitszeichen kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass er die Arbeitsstättenverordnung hinsichtlich der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung einhält. Wendet der Arbeitgeber die geänderten Sicherheitszeichen beim Betreiben von bestehenden Arbeitsstätten nicht an, so hat er mit der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, ob die in der Arbeitsstätte verwendeten Sicherheitszeichen weiterhin angewendet werden können.
Kennzeichnung von Fluchtwegen
Fluchtwege, Notausgänge, Notausstiege und Türen im Verlauf von Fluchtwegen müssen – Sammelstellen sollen – deutlich erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnung der Fluchtwege, Notausgänge, Notausstiege und Türen im Verlauf von Fluchtwegen sowie der Sammelstelle muss entsprechend der ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" erfolgen.
Kennzeichnung von Hauptfluchtwegen und Notausgängen
Die Kennzeichnung von Hauptfluchtwegen und Notausgängen sowie Hauptfluchtwegen, die als Nebenfluchtwege genutzt werden können, ist mit hochmontierten Sicherheitszeichen auszuführen.
- Die hochmontierten Sicherheitszeichen sollen über den Türen im Verlauf des Fluchtwegs und über Notausgängen angebracht werden. Die Unterkante des Zeichens soll mindestens 2,0 m über Fußbodenoberkante angebracht sein, jedoch nicht höher als 2,5 m.
- Die Sicherheitszeichen an Wänden parallel zur Fluchtwegrichtung sollen, gemessen vom Boden bis zur Unterkante des Zeichens, in einer Höhe von 1,7 m bis 2,0 m angebracht werden.
- Bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 5,0 m können davon abweichend Sicherheitszeichen höher platziert werden. Die Platzierung muss das Blickfeld des Menschen berücksichtigen.
Die Kennzeichnung muss mit den Sicherheitszeichen E001 „Notausgang (links)“ oder E002 „Notausgang (rechts)“ in Verbindung mit dem Zusatzzeichen „Richtungspfeil“ entsprechend ASR A1.3 die Richtung des Fluchtwegs anzeigen (Abb. 2 und 3).

Kennzeichnung von Nebenfluchtwegen
Zur Kennzeichnung von Nebenfluchtwegen , die nicht über Hauptfluchtwege führen, ist der Ausgang (z. B. Notausstieg) mit dem Sicherheitszeichen D-E019 „Notausstieg“ oder E016 „Notausstieg mit Fluchtleiter“, ggf. mit Richtungspfeil entsprechend der ASR A1.3, zu kennzeichnen. Falls erforderlich, ist auch der Weg zu diesem Ausgang zu kennzeichnen, z. B. der Zugang zu dem Raum, in dem sich der Ausgang befindet.
Kennzeichnung von Notausstiegen: Ein Notausstieg ist ein geeigneter Ausstieg im Verlauf eines Nebenfluchtwegs zur selbstständigen Flucht aus einem Raum oder einem Gebäude, der ebenfalls ins Freie oder in einen gesicherten Bereich führt. Führt der zweite Rettungsweg nach Baurecht über Rettungsgeräte der Feuerwehr, ist eine festgelegte Anleiterstelle nicht mit den Sicherheitszeichen D-E019 "Notausstieg" oder E016"Notausstieg mit Fluchtleiter" zu kennzeichnen (Abb. 4 bis 7).

Erkennbarkeit der Fluchtwegkennzeichnung
Sicherheitszeichen sind grundsätzlich deutlich erkennbar und dauerhaft anzubringen:
- Deutlich erkennbar bedeutet unter anderem, dass Sicherheitszeichen in ausreichender Größe und in geeigneter Höhe anzubringen sind und dass die Beleuchtung (natürlich oder künstlich) am Anbringungsort ausreichend ist.
- Dauerhaft sichtbar bedeutet, dass die Sicht auf die Sicherheitszeichen nicht eingeschränkt ist (keine Sichtbehinderung durch z. B. größere Maschinen oder ein- bzw. zwischengelagertes Material). Da die Rettungs- und Fluchtwegzeichen auch bzw. gerade im Brandfall sichtbar sein müssen, dürfen sie in hohen Räumen bzw. Hallen nicht höher als die raucharme Schicht (z. B. aus dem Nachweis der Entrauchung im Brandschutzkonzept) angebracht werden, d. h. i. d. R. nicht höher als 2,0 bis 2,5 m über Fußboden.
Die Erkennbarkeit von Sicherheitszeichen hängt u. a. von der Größe der Zeichen ab. Welche Größe benötigt wird, hängt von der Entfernung ab, aus der das Sicherheitszeichen noch erkennbar sein muss (Erkennungsweite). Die Tabelle 3 der ASR A1.3 definiert dazu den Zusammenhang zwischen der zu verwendenden Größe der Rettungszeichen bei entsprechendem Betrachtungsabstand, d. h. die Entfernung vom Arbeitsplatz bzw. zum nächsten Fluchtwegschild. Somit ergibt sich eine gut erkennbare Fluchtwegführung vom Arbeitsplatz über den in regelmäßigen Abständen und bei Richtungsänderungen ausgeschilderten Fluchtweg bis zum Notausgang bzw. Notausstieg sowie weiter bis zur Sammelstelle (Abb. 8).

In Betrieben ohne Sicherheitsbeleuchtung muss auf Fluchtwegen die Erkennbarkeit der dort notwendigen Rettungs- und Brandschutzzeichen durch Verwendung langnachleuchtender Materialien auch bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung für den Zeitraum der Flucht in einen gesicherten Bereich gewährleistet sein. Die Dauer der Erkennbarkeit der Sicherheitszeichen muss bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung auf der Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden; sie muss mindestens 30 Minuten betragen.
Wenn das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte durch diese Art der Kennzeichnung nicht gewährleistet ist, sind zusätzliche Maßnahmen etwa in Form eines optischen Sicherheitsleitsystems oder einer Sicherheitsbeleuchtung in Fluchtwegen zu ergreifen.
Sicherheitsbeleuchtung in Fluchtwegen
Die Ausstattung von Fluchtwegen mit einer Sicherheitsbeleuchtung kann aufgrund verschiedener Rechtsvorschriften, insbesondere des Bauordnungsrechts, gefordert sein. Ist das nicht der Fall, muss geprüft werden, ob das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte, insbesondere bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung, gewährleistet ist.
In der bisherigen ASR A3.4/7 „Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitsleitsysteme“ waren Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung für Arbeitsstätten, in denen bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung die Sicherheit der Beschäftigten gefährdet werden kann, zusammen mit den Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung für Fluchtwege – mit zum Teil unterschiedlichen Anforderungen – zusammengefasst und nicht klar getrennt. Dieses konnte in der Praxis zu Fehlanwendungen führen. Vor diesem Hintergrund wurde im März 2022 die ASR A3.4/7 aufgehoben, die beiden Sachverhalte wurden fachlich getrennt und der ASR A3.4 „Beleuchtung“ sowie der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“ zugeordnet. Gleichzeitig wurden Inhalte bezüglich lichttechnischer Anforderungen an langnachleuchtende Sicherheitszeichen in die ASR A1.3 überführt.
Ist eine Sicherheitsbeleuchtung nicht vorhanden, muss die Erkennbarkeit der notwendigen Rettungs- und Brandschutzzeichen durch Verwendung von langnachleuchtenden Materialien auch bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung erhalten bleiben. Langnachleuchtende Sicherheitszeichen müssen mindestens die Anforderungen der DIN 67510-1:2020-05, Klasse C, erfüllen. Die ausreichende Anregung der langnachleuchtenden Materialien ist sicherzustellen, z. B. hinsichtlich Dauer, Art und Intensität der Beleuchtung.
Obwohl die Sicherheitsfarben Rot und Grün im nachleuchtenden Zustand nicht dargestellt werden können, bleiben grafisches Symbol und geometrische Form erhalten, und es besteht ein Sicherheitsgewinn gegenüber den nicht langnachleuchtenden Sicherheitszeichen.
Optische Sicherheitsleitsysteme
Zusätzlich zur Kennzeichnung mit hochmontierten Sicherheitszeichen oder zur Sicherheitsbeleuchtung können optische Sicherheitsleitsysteme als Orientierungshilfe eingesetzt werden, um die Sicherheit beim Verlassen der Arbeitsstätte auch nach Ausfall der Allgemeinbeleuchtung zu erhöhen. Ein optisches Sicherheitsleitsystem führt insbesondere zu einer Verbesserung der Wahrnehmung des Verlaufs und der Begrenzung des Fluchtwegs sowie baulicher Einrichtungen (z. B. Türrahmen, Treppenstufen, Bedienelemente) und ermöglicht eine Orientierung bei Verrauchung. Die Systeme können langnachleuchtend, elektrisch betrieben oder als Kombination beider Systeme ausgeführt werden. Sie können aus Rettungszeichen, Zusatzzeichen, Leitmarkierungen sowie Sicherheitsleuchten bestehen. Optische Sicherheitsleitsysteme sind jedoch weder ein Ersatz für hochmontierte Sicherheitskennzeichnung, noch für eine erforderliche Sicherheitsbeleuchtung.
Barrierefreie Kennzeichnung von Fluchtwegen
Das Erfordernis barrierefreier Gestaltung von Arbeitsstätten im Hinblick auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz ergibt sich immer dann, wenn Menschen mit Behinderungen beschäftigt werden. Für die barrierefreie Gestaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung gilt die ASR V3a.2 „Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten“, Anhang A1.3: Ergänzende Anforderungen zur ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“.
Behinderungen, z. B. eine starke Seheinschränkung, die sich mit üblichen Sehhilfen wie Brillen bzw. Kontaktlinsen nicht oder nur unzureichend kompensieren lässt, können zu einer verschlechterten Erkennbarkeit von Rettungszeichen und einer eingeschränkten Orientierung in Fluchtwegen führen. Zum Ausgleich einer nicht mehr ausreichend vorhandenen Sinnesfähigkeit (insbesondere Sehen oder Hören) ist das Zwei-Sinne-Prinzip zu berücksichtigen.
Bei optischen Sicherheitsleitsystemen sind die Belange von Beschäftigten mit Sehbehinderung so zu berücksichtigen, dass die sicherheitsrelevanten Informationen auf andere Art verständlich übermittelt werden. Dies kann erfolgen durch zusätzliche ergänzende:
- taktil erfassbare Informationen, z. B. Profilierung der Leitmarkierung ggf. mit Fluchtrichtungserkennung, durch deren Anstrichdicke, Riffelprofile oder durch Einwebungen in Fußbodenbelägen, oder
- hörbare Informationen, z. B. dynamisch-akustische Fluchtleitsysteme, höher oder tiefer werdende Tonfolgen für aufwärts oder abwärts führende Treppen, schneller werdende Tonfolgen für die Weiterleitung im Gebäude oder Sprachansagen zur Richtungsorientierung.
Surftipp: Barrierefreies Bauen
Der demografische Wandel stellt neue Herausforderungen an die gebaute Umwelt und damit zu einer intensiven Beschäftigung mit Barrierefreiheit. Das barrierefreie Bauen erfordert viel fachliches Wissen, aber auch Augenmaß. Hier finden Sie Fachinformationen und Angebote rund um das barrierefrei Bauen:
www.bfb-barrierefrei-bauen.de